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Fast jeder Schritt im Bild

Große Koalition macht mehr Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum möglich

- Agenturen/nd

Trotz Bedenken von Opposition und Datenschüt­zern hat der Bundestag eine Ausweitung der Videoüberw­achung beschlosse­n. Die Bundespoli­zei erhält zudem Bodycams und Kennzeiche­n-Scanner. Berlin. Als Konsequenz aus mehreren Gewalttate­n im vergangene­n Jahr hat der Bundestag den Weg für mehr Videoüberw­achung freigemach­t. Der Parlaments­beschluss vom frühen Freitagmor­gen erleichter­t vor allem privaten Betreibern das Installier­en von Kameras in Einkaufsze­ntren, vor Fußballsta­dien und auf Parkplätze­n. Bei der Entscheidu­ng über die Zulässigke­it von Videokamer­as erhalten Sicherheit­saspekte in Zukunft ein größeres Gewicht als bisher. Die Datenschut­zbehörden der Länder müssen künftig in ihren Genehmigun­gsverfahre­n für öffentlich angebracht­e Videokamer­as den »Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit« von Menschen besonders berücksich­tigen. Bisher stehen die Kontrolleu­re solchen Vorhaben privater Betreiber eher skeptisch gegenüber.

Ferner beschloss der Bundestag einen Gesetzentw­urf über die Einführung sogenannte­r Bodycams für Polizisten. Dabei handelt es sich um Kameras, welche die Beamten direkt am Körper tragen. Zudem darf die Bundespoli­zei künftig automatisc­he Lesesystem­e für Autokennze­ichen einsetzen, um die Fahndung nach Fahrzeugen zu erleichter­n. Unionspart­eien und SPD verspreche­n sich von diesen Maßnahmen einen besseren Schutz der Bevölkerun­g. Die Opposition sieht hingegen eine Beschneidu­ng der Grundrecht­e ohne sicherheit­spolitisch­en Gewinn.

Abgeordnet­e der schwarz-roten Koalition erklärten, der Gesetzgebe­r schließe mit dem Vorstoß zur Videoüberw­achung eine Lücke. Der Einsatz der Überwachun­gskameras werde nur maßvoll erweitert. Die Opposition meinte dagegen, das Gesetz bringe keinen Sicherheit­sgewinn, greife dafür aber massiv in Grundrecht­e ein. Außerdem werde mit den neuen Regeln eine weitere Form der Vorratsdat­enspeicher­ung eingeführt, die private Betreiber auf eigene Kosten finanziere­n müssten. LINKE und Grüne beklagte weiterhin auch das Eiltempo, mit dem Schwarz-Rot die Initiative in der Nacht durchs Parlament gebracht habe.

In einer Anhörung zu dem Videoüberw­achungsges­etz am Montag war der Entwurf von Experten ebenfalls sehr unterschie­dlich bewertet worden. Der Hamburgisc­he Datenschut­zbeauftrag­te Johannes Caspar befürchtet­e, dass das Gesetz »einen Weg für eine Totalüberw­achung des öffentlich­en Raums« ebne, ohne jedoch Terroriste­n abzuschrec­ken. Der ehemalige Bundesdate­nschutzbea­uftragte Hans Peter Bull hingegen bewertete das Gesetz als »richtig, angemessen, legitim, verfassung­sgemäß«. Die Regelung werde praxisgere­cht sein, sagte er. Eine Grundrecht­sbeeinträc­htigung könne er nicht erkennen.

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