Kernziele nur mit Abstrichen erreicht
GDL und Deutsche Bahn einigen sich im Tarifstreit – von den Ursprungsforderungen ist längst nicht alles übrig geblieben
Mehr Ruhezeiten, langfristigere Schicht- und Urlaubsplanung – das waren die Forderungen der Lokführer und Zugbegleiter der GDL gegenüber der Bahn. Nun gibt es eine eher halbherzige Einigung. Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG (DB) ist beendet. Nachdem am Donnerstag bereits bekannt wurde, dass sich die Tarifparteien geeinigt haben, verkündeten am Freitag Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) und sein ehemaliger brandenburgischer Amtskollege Matthias Platzeck (SPD) in Berlin das Ergebnis des Schlichtungsverfahrens. Dieses hatte am 11. Januar begonnen und war zwischendurch zwei Mal ausgesetzt worden, da sich die Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zunächst nicht auf Eckpunkte für tarifliche Regeln zur Arbeitszeitbegrenzung und Schichtplanung verständigen konnten.
Wie bereits im Sommer 2015 habe die Schlichtung auch diesmal kurz vor dem Scheitern gestanden, so Ramelow. Erst am Mittwoch hätten der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky und die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik und Beschäftigung beim DBKonzern, Sigrid Heudorf, Kompromisslösungen für die verschiedenen Themenkomplexe besiegelt – laut Platzeck »per Handschlag im Bordrestaurant eines ICE von Frankfurt nach Berlin zwischen den Stationen Spandau und Hauptbahnhof«.
Vergleichsweise unproblematisch gestalteten sich die Verhandlungen zur Entgelterhöhung. Analog zum bereits im Dezember abgeschlossenen Tarifvertrag der konkurrierenden, zum DGB gehörenden Eisen- bahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erhalten die im im GDL-Tarifvertrag erfassten Mitarbeiter des Fahrpersonals zum 1. April 2017 eine Lohnerhöhung von 2,5 Prozent sowie eine Einmalzahlung von 550 Euro für die Monate Oktober 2016 bis März 2017. Dazu kommt eine weitere Erhöhung von 2,6 Prozent zum 1. Januar 2018. Diese wird allerdings nur ausgezahlt, wenn die Beschäftigten individuell auf die bereits 2015 vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38 Stunden verzichten. Als weitere Option können auch sechs zusätzliche Urlaubstage pro Jahr gewählt werden.
Dazu kommen Verbesserungen für einige Entgeltstufen, von denen besonders jüngere Lokführer und berufserfahrene Zugbegleiter und Bordgastronomen profitieren würden, wie Weselsky betonte. Auch die Ausbildungsvergütungen werden erhöht und um einen Mietzuschuss sowie Prämien zur betrieblichen Altersvorsorge ergänzt, was laut DB einem Gesamtplus von zwölf Prozent entspricht. Der Entgelttarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten und läuft am 30. September 2018 aus.
Deutliche Abstriche musste die GDL bei ihren Forderungen zur ta- rifvertraglichen Festschreibung von Schicht- und Ruhezeiten machen. Die Gewerkschaft wollte ursprünglich zwei zusammenhängende freie Tage in jeder Woche und einen verbindlichen Ruhezeitplan inklusive Urlaubszeiten für das ganze Kalenderjahr im Tarifvertrag verankern. Die strikte Weigerung der DB, sich darauf einzulassen, hatte im Dezember 2016 zum Abbruch der Tarifverhandlungen und zur Anrufung der Schlichtung geführt. Vereinbart wurde jetzt lediglich ein »durchschnittlicher« Schichtrhythmus von fünf Arbeitsund zwei Freitagen.
Das betont auch die DB in ihrem Statement zum Schlichtungsergebnis: Es bleibe dabei, »dass Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten im Schichtdienst je nach Arbeitsphase mal länger und mal kürzer frei haben können«. Nur ein Drittel der Ruhe- und Urlaubstage wird für ein Jahr festgelegt, der Schichtplan für den kommenden Kalendermonat muss erst zwei Wochen im Voraus vorliegen. Und selbst diese Regularien werden nicht im Tarifvertrag, sondern lediglich in Betriebsvereinbarungen verankert. Für weitergehende Schichtplanregelungen soll es »Modellversuche« geben, was die GDL noch vor einigen Monaten kategorisch ausgeschlossen hatte.
Dennoch erklärte Weselsky am Freitag, dass seine Gewerkschaft »ihre Kernziele bei der Arbeits- und Ruhezeitverteilung erreicht« habe. Einige anwesende GDL-Kollegen sahen das in ihrer ersten Einschätzung allerdings etwas anders. Zwar kenne man noch nicht alle Details der jetzt geschlossenen Vereinbarungen, »aber mit unserer Ausgangsforderung nach dem Anspruch auf zwei freie Tage nach fünf Tagen Schicht hat das anscheinend nicht viel zu tun«, so ein Lokführer gegenüber »nd«. Er sei skeptisch, dass »sich an unserer Belastung wirklich was Grundlegendes ändert«.
Nur ein Drittel der Ruhe- und Urlaubstage wird für ein Jahr festgelegt, der Schichtplan für den kommenden Kalendermonat muss erst zwei Wochen im Voraus vorliegen.