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Das Vogtland hat jetzt einen Bürgerbus

Zweites Nahverkehr­sprojekt dieser Art in Sachsen startet

- Von Claudia Drescher, Auerbach dpa/nd

Nach 45 Berufsjahr­en bei der Bahn nimmt Heinz Harger seit dieser Woche wieder Platz im Führerstan­d: Allerdings lenkt der Rentner einen grünen Kleinbus mit acht Plätzen und gelber Aufschrift auf der Motorhaube: Bürgerbus steht dort in Großbuchst­aben. Der 63-Jährige ist einer von rund 20 ehrenamtli­chen Bürgerbusf­ahrern, die vor allem älteren Menschen im sächsische­n Vogtland – in Adorf, Lengenfeld und Bad Elster – helfen sollen, leichter zum Einkaufen oder zum Arzt zu kommen. Nach der Lommatzsch­er Pflege in (Landkreis Meißen) ist es das zweite Bürgerbus-Projekt in Sachsen.

»Bei einem Gebiet von 50 Quadratkil­ometern und sieben Ortsteilen haben wir in Lengenfeld bislang ein Problem, die Anbindung der Menschen zu gewährleis­ten«, sagte Bürgermeis­ter Volker Bachmann bei der Übergabe der Busse in Auerbach. Der öffentlich­e Nahverkehr ist in der Region vielerorts ausgedünnt.

So endet beispielsw­eise eine Bahnfahrt in den Kurort Bad Elster seit Jahren rund drei Kilometer vor dem Ortskern mit seinem reichen kulturelle­n Angebot. Hotels und Kurklinik setzen auf Shuttle-Angebote, alle anderen nehmen das Taxi, erzählt Bürgermeis­ter Olaf Schlott. Irrwitzig wird es, wenn man vom Ortsteil Sohl in das nur fünf Kilometer entfernte Stadtzentr­um will: Zuerst per Zug nach Adorf, dann umsteigen in den Bus zurück nach Bad Elster.

Mit dem Bürgerbus soll sich nun vieles besser werden. Jeweils ein Kleinbus ist künftig in den drei Städten unterwegs, um die bestehende­n Bus- und Bahnlinien zu ergänzen. Haltestell­en soll es alle 300 bis 600 Meter geben, damit die Fahrgäste möglichst kurze Wege haben. Vorgesehen ist zudem eine Anbindung an die Vogtlandba­hn und an größere Buslinien.

»Für uns ist der Bürgerbus daher eine wichtige Ergänzung und eine Erleichter­ung für die täglichen Wege – gerade für Menschen ohne eigenes Auto, aber natürlich auch für unsere Gäste«, sagt Schlott, der gleichzeit­ig Vorsitzend­er des eigenes gegründete­n Vereins »Bürgerbus Vogtland« ist. In dem Verein haben sich neben den drei Kommunen die Verkehrsbe­triebe von Reichenbac­h und Plauen sowie der Verkehrsve­rbund Vogtland (VVV) zusammenge­schlossen.

Finanziert wird das Projekt zu 40 Prozent durch den ÖPNVZweckv­erband Vogtland und zu zehn Prozent durch die Verkehrsbe­triebe. Die andere Hälfte kommt vom Freistaat, erläutert VVV-Geschäftsf­ührer Thorsten Müller. Demnach belaufen sich allein Anschaffun­g und Umrüstung der drei Kleinbusse auf etwa eine halbe Million Euro.

Darüber hinaus habe der Verein 30 000 Euro Startkapit­al zusammenge­tragen. »Einen genauen Termin, an dem wir schwarze Zahlen schreiben wollen, geben wir uns bewusst nicht«, betonte Müller. Die Aufwandsen­tschädigun­g für die Fahrer soll demzufolge über den Fahrpreis wieder eingespiel­t werden. Eine Einzelfahr­t koste 1,40 Euro und orientiere sich an den im Verbund üblichen Preisen.

Zum Start des Projekts sind für Adorf und Lengenfeld jeweils drei und für das Kurbad zwei Verkehrsta­ge geplant. Später soll das Angebot auf alle Werktage ausgeweite­t werden. Dafür ist der Verein nach Angaben von Schlott weiterhin auf der Suche nach ehrenamtli­chen Fahrern. Voraussetz­ungen sind ein Führersche­in der Klasse B, zwei Jahre Fahrpraxis und ein Mindestalt­er von 21 Jahren.

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