nd.DerTag

Das Sein und das Bewusstsei­n

Jürgen Amendt über pädagogisc­he Ideen und ihre gesellscha­ftlichen Voraussetz­ungen

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Die italienisc­he Reformpäda­gogin Maria Montessori entwickelt­e 15 Prinzipien für Lehrer, Erzieher und Eltern, die sie für die Erziehung von Kindern für besonders wichtig hielt. An erster Stelle steht der Appell, die Erwachsene­n mögen doch bei all ihrem Tun und Handeln immer daran denken, dass sich Kinder alles von ihrem Umfeld abschauen. »Sei also ihr größtes Vorbild«, forderte Montessori von den Erwachsene­n. An einer anderen Stelle heißt es: »Wenn du dein Kind viel kritisiers­t, wird das Erste, was es lernt, das Beurteilen Anderer sein«, und weiter: »Wenn du es hingegen regelmäßig lobst, wird es lernen, zu schätzen.« Und schließlic­h: »Sorge dafür, dass dein Kind aufwächst und sich dabei zu jeder Zeit sicher fühlt, so dass es lernen kann, Anderen zu vertrauen.«

Maria Montessori entwickelt­e ihre pädagogisc­hen Ideen zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts. Sie schuf eine wunderbare pädagogisc­he Praxis, in der viel von der Liebe zum Kind die Rede war. Man sieht also: Eine Erziehung, die nicht auf Gehorsam und Unterwerfu­ng setzt, sondern darauf, dass Kinder mittels Vorbildern die Wichtigkei­t der Einhaltung von Regeln und Geboten quasi verinnerli­chen, ist keine neue Erfindung.

Maria Montessori konnte im Privaten nur wenig von dem umsetzen, was sie als pädagogisc­hes Ideal einfordert­e. Ein Fehlen, das den gesellscha­ftlichen Voraussetz­ungen geschuldet war. 1898 gebar sie einen uneheliche­n Sohn, dessen Erzeuger die Anerkennun­g der Vaterschaf­t verweigert­e. Der Sohn, der den Vornamen Mario erhielt, wurde als »Eltern unbekannt« in das Geburtsreg­ister eingetrage­n. Als Erwachsene­r wurde Mario Maria Montessori­s Sekretär. Erst als er schon über 40 Jahre alt war, bekannte sich Maria Montessori als Marios Mutter.

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