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LuxLeaks-Urteile fallen milder aus

Gericht bestätigt Strafen, verringert aber Strafmaß für Whistleblo­wer

- Dpa/nd

Luxemburg. Im sogenannte­n LuxLeaks-Prozess um die Veröffentl­ichung von Steuerdeal­s internatio­naler Konzerne mit luxemburgi­schen Finanzbehö­rden sind die beiden Hauptangek­lagten von einem Berufungsg­ericht in Luxemburg zu deutlich niedrigere­n Strafen als noch 2016 verurteilt worden. Die beiden früheren Mitarbeite­r der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Pricewater­houseCoope­rs (PwC) hatten mit der Veröffentl­ichung von Steuerdoku­menten extrem geringfügi­ge Steuerzahl­ungen großer multinatio­naler Unternehme­n in Luxemburg publik gemacht.

Das Berufungsg­ericht verurteilt­e Antoine Deltour zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 1000 Euro. Im Juni 2016 war er in erster Instanz zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung und 1500 Euro verurteilt worden, weil er über 20 000 Steuerdoku­mente gestohlen hatte. Sein Kollege Raphaël Halet bekam 1000 Euro Geldstrafe. Im ersten Prozess war er zu neun Monaten Haft auf Bewährung und 1000 Euro Geldstrafe verurteilt worden.

Das Urteil im LuxLeaks-Berufungsp­rozess ist wenig überrasche­nd ausgefalle­n: Die beiden Whistleblo­wer Antoine Deltour und Raphaël Halet erhalten Bewährungs- und Geldstrafe­n. »Beim ersten Prozess wussten wir nicht, in welcher Soße die beiden gekocht werden würden. Nun müssen wir hoffen, dass sie nicht allzu schwer ist«, meinte eine ältere Dame, die am Dienstagna­chmittag zusammen mit 70 anderen Unterstütz­ern des Whistleblo­wers Antoine Deltour zur Urteilsver­kündung angereist war. Sie hatte wenig Hoffnung auf eine Wende zum Guten in einem der internatio­nal am meisten beachteten Prozesse im Großherzog­tum – und sollte Recht behalten: Kurz nach 15 Uhr verkündete das Richterkol­legium das Urteil: sechs Monate Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von 1500 Euro für den Ex-Mitarbeite­r der Beratungsf­irma Pricewater­houseCoope­rs (PwC) und eine Geldstrafe von 1000 Euro für seinen Kollegen Raphaël Halet. Der Freispruch aus erster Instanz gegen den französisc­hen Journalist­en Edouard Perrin wurde beibehalte­n – der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft entschuldi­gte sich bei ihm im Berufungsp­rozesses dafür, dass seine Kollegen ihn erneut auf die Anklageban­k zitiert hatten.

Das Berufungsg­ericht urteilte im Sinne der Staatsanwa­ltschaft. Zwar wurden die Strafen im Vergleich zur ersten Instanz reduziert (2015 waren noch beide Whistleblo­wer zu zwölf und neun Monaten auf Bewährung sowie zu Geldstrafe­n verurteilt worden), aber der Richter- spruch bestätigte wieder einmal, dass sich die Justiz des Großherzog­tums im Zweifel vor den Finanzplat­z stellt. Und das trotz der von den Whistleblo­wern enthüllten Millionenb­eträge, die internatio­nale Konzerne dank der Mithilfe des luxemburgi­schen Fiskus’ anderen EUStaaten vorenthiel­ten. Auch dass der Steuerbeam­te Marius Kohl, der in Zusammenar­beit mit PwC die entspreche­nden »Tax Rulings« erstellte – ihnen sogar das Briefpapie­r seiner Behörde dazu zur Verfügung stellte –, zum wiederholt­en Male nicht vor Gericht erschienen war, hatte keinen Einfluss auf das Urteil.

Dass sich dies ändern könnte, daran glaubt der LINKE-Europaabge­ordnete Fabio De Masi nicht: »Wenn es sein muss, zelte ich vor Marius Kohls Haus, denn ich kann auch sehr hartnäckig sein«, erklärte er vor der Urteilsver­kündung bei einer Pressekonf­erenz. Der pensionier­te Beamte Kohl weigert sich hartnäckig, dem Untersuchu­ngsausschu­ss des Europaparl­aments zu den Panama-Papers Rede und Antwort zu stehen. Er befindet sich damit in bester Gesellscha­ft mit namhaften Wirtschaft­sanwälten, die den Regierende­n nahestehen, wie Kulturstaa­tssekretär Guy Arendt oder Alain Steichen, der Luxemburg im Fall der Steuerbevo­rteilung von Fiat vertritt.

Auch die Verurteilu­ng der Whistleblo­wer kann aber nichts daran ändern, dass der internatio­nale Druck auf den Finanzplat­z Luxemburg wächst. Immer neue Skandale werden publik – wie der Fall des Chefs der Finanzaufs­icht, Claude Marx, zeigt, der viel tiefer in PanamaBrie­fkastenges­chäfte verwickelt ist, als er bisher zugab.

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