nd.DerTag

Personalqu­oten nur auf dem Papier

- Nicolas Šustr über nicht eingehalte­ne Verspreche­n an der Charité

Rund 162 000 Vollzeitst­ellen fehlen an den 2000 deutschen Krankenhäu­sern, rechnet die Gewerkscha­ft ver.di vor. Ausbaden müssen es nicht nur die Patienten, sondern auch die Pflegekräf­te. Stress und Überstunde­n sind die Folgen. Darum schauten im vergangene­n Jahr bundesweit Krankenhau­sbeschäfti­gte und deren Arbeitgebe­r auf Berlin – genauer gesagt auf die Charité. Ist es doch ver.di nach jahrelange­m Kampf gelungen, im März 2016 dem landeseige­nen Klinikum im Tarifvertr­ag Personalun­tergrenzen abzuringen. Die Bilanz nach einem Jahr fällt aus Gewerkscha­ftssicht ernüchtern­d aus. Die vereinbart­en Grenzen werden nicht eingehalte­n, in den Nachtschic­hten gab es statt einer Aufstockun­g sogar eine Personalkü­rzung.

Die Charité kann sich in ihrer Außendarst­ellung dann nicht entschließ­en, ob sie ein attraktive­r Arbeitgebe­r sei, wie Chef Karl Max Einhäupl sagt, oder dass Schlechtre­derei der Gewerkscha­ft die Anstellung neuen Personals torpediere, wie der Ärztliche Direktor Ulrich Frei wissen lässt. Keinesfall­s wolle man weiter tarifliche­s Experiment­ierfeld sein. Anscheinen­d sieht man die Vorreiterr­olle des renommiert­en Hauses rein auf medizinisc­he Erfolge beschränkt. Das ist kurzsichti­g, denn der demografis­che Wandel verschärft die Konkurrenz um Fachkräfte. Wer die Wünsche der Beschäftig­ten mit Füßen tritt, muss sich nicht wundern, wenn sie sich Jobs woanders suchen.

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