Personalquoten nur auf dem Papier
Rund 162 000 Vollzeitstellen fehlen an den 2000 deutschen Krankenhäusern, rechnet die Gewerkschaft ver.di vor. Ausbaden müssen es nicht nur die Patienten, sondern auch die Pflegekräfte. Stress und Überstunden sind die Folgen. Darum schauten im vergangenen Jahr bundesweit Krankenhausbeschäftigte und deren Arbeitgeber auf Berlin – genauer gesagt auf die Charité. Ist es doch ver.di nach jahrelangem Kampf gelungen, im März 2016 dem landeseigenen Klinikum im Tarifvertrag Personaluntergrenzen abzuringen. Die Bilanz nach einem Jahr fällt aus Gewerkschaftssicht ernüchternd aus. Die vereinbarten Grenzen werden nicht eingehalten, in den Nachtschichten gab es statt einer Aufstockung sogar eine Personalkürzung.
Die Charité kann sich in ihrer Außendarstellung dann nicht entschließen, ob sie ein attraktiver Arbeitgeber sei, wie Chef Karl Max Einhäupl sagt, oder dass Schlechtrederei der Gewerkschaft die Anstellung neuen Personals torpediere, wie der Ärztliche Direktor Ulrich Frei wissen lässt. Keinesfalls wolle man weiter tarifliches Experimentierfeld sein. Anscheinend sieht man die Vorreiterrolle des renommierten Hauses rein auf medizinische Erfolge beschränkt. Das ist kurzsichtig, denn der demografische Wandel verschärft die Konkurrenz um Fachkräfte. Wer die Wünsche der Beschäftigten mit Füßen tritt, muss sich nicht wundern, wenn sie sich Jobs woanders suchen.