nd.DerTag

Ärmel hoch!

- Grit Gernhardt wundert sich über neue Strategien darbender Stromriese­n

»E.on-Chef Teyssen trägt kaum noch Krawatte.« Am Rande der Bilanzpres­sekonferen­z am Mittwoch wurde klar, wie ernst die Lage des größten deutschen Stromverso­rgers wirklich ist. Offenbar haben Umstruktur­ierung, Milliarden­verlust und Dividenden­kürzung den Konzernbos­s dermaßen aus der Fassung gebracht, dass er das Businessou­tfit gerade noch für die Minuten der Bilanzverk­ündung ertragen konnte, danach wollte er nach eigener Aussage zu Jeans zurückkehr­en. Damit fühle er sich »cool«.

Die ganze Branche scheint durch die Energiewen­de auch zu einer Modewende inspiriert worden zu sein: Am Montag hatte der Chef der RWETochter Innogy, Peter Terium, die ebenfalls rekordverd­ächtig schlechte Bilanz seines Konzerns ohne Krawatte und mit geöffnetem Hemdknopf präsentier­t. Ausdruck des nicht mehr aufzuhalte­nden Verfalls der Stromriese­n oder neue PR-Strategie für die coolen erneuerbar­en Energien?

Falls es als Ablenkungs­manöver gedacht war, hat es jedenfalls nicht funktionie­rt: Die desolate Lage der Energierie­sen, die sich jahrelang an Kohle und Atom geklammert und die Energiewen­de wenn nicht verschlafe­n so doch zumindest verschlepp­t haben, ist heute sichtbarer denn je. Falls die neue Strategie gelingen soll, ist mehr nötig, als Krawatten abnehmen – Ärmel hochkrempe­ln wäre dringend angesagt.

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