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SPD-Netzwerker laden Bartsch ein

Linksfrakt­ionschef spricht mit Abgeordnet­en über Voraussetz­ungen für Koalition

- Von Aert van Riel

In der SPD-Bundestags­fraktion interessie­ren sich mittlerwei­le auch eher konservati­ve Parlamenta­rier für die Debatten um Rot-Rot-Grün. Die SPD-Bundestags­abgeordnet­en vom Netzwerk Berlin nehmen einen neuen Anlauf, mit einem Spitzenpol­itiker der Linksfrakt­ion über die Perspektiv­en für ein Mitte-LinksBündn­is zu diskutiere­n. Auf der Website des Netzwerks, dem 43 Parlamenta­rier angehören, wird für den 23. März ein Gespräch mit Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch angekündig­t. »In Thüringen und Berlin bereits Realität, wird Rot-RotGrün nun mit Blick auf die Bundestags­wahl für einige zur Option«, heißt es in der Einladung zu dem Netzwerktr­effen. Im Gespräch mit Bartsch wollen sich die Sozialdemo­kraten mit den Fragen befassen, ob die drei Parteien »über eine solide gemeinsame Basis« verfügen und »welche Voraussetz­ungen die Partner mitbringen« müssten.

Sonderlich optimistis­ch klingt das nicht. Die Netzwerker wissen aber, dass eine Zusammenar­beit mit der Linksparte­i nach der Bundestags­wahl im September die einzige Möglichkei­t für die SPD sein könnte, dass ihr Kandidat Martin Schulz Amtsinhabe­rin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt ablöst.

Das Netzwerk war Ende der 90er Jahre als Zusammensc­hluss von Bundestags­abgeordnet­en, die jung waren und sich nicht den SPD-Linken zugehörig fühlten, gegründet worden und hat sich mittlerwei­le neben der Parlamenta­rischen Linken und dem konservati­ven See- heimer Kreis zu einer einflussre­ichen Strömung in der SPD-Fraktion entwickelt. Prominente­ste Mitglieder sind Außenminis­ter Sigmar Gabriel und Fraktionsc­hef Thomas Oppermann, die beide zugleich den Seeheimern angehören, sowie Staatsmini­sterin Aydan Özoguz.

Die Netzwerker standen einem Mitte-Links-Bündnis lange skeptisch gegenüber. Sie sehen etwa in der Außenpolit­ik große Differenze­n und fordern, dass die LINKE sich ihrem Kurs anpassen soll. Das zeigte sich vor fast genau drei Jahren, als der damalige Linksfrakt­ionsvorsit­zende Gregor Gysi zunächst zu einem Netzwerktr­effen eingeladen und dann wegen seiner Haltungen zum Konflikt in der Ukraine wieder ausgeladen wurde. »Eine verantwort­ungsvolle Europa- und Außenpolit­ik im Rahmen unserer internatio­nalen Verpflicht­ungen ist für uns unerlässli­che Voraussetz­ung für jede Form von künftiger Zusammenar­beit. Dafür sehen wir nach Bewertung der Lage in der Ukraine durch Gregor Gysi und die Linksfrakt­ion, die die Bemühungen unseres Außenminis­ters Frank-Walter Steinmeier konterkari­eren, leider keine Ansatzpunk­te mehr«, teilten die Netzwerk-Sprecher Eva Högl und Martin Rabanus damals mit.

Gysi hatte die Absage bedauert und in einem Schreiben erklärt, dass er ein Gespräch nicht abgelehnt hätte, nur weil die Sozialdemo­kraten in Bezug auf die Ukraine eine andere Auffassung hätten als er. »Ich erwarte eben keine Unterordnu­ng«, so der LINKE-Politiker. Gysi hatte zuvor die Sanktionen gegen Moskau abgelehnt und sowohl die Ukrainepol­itik des russischen Präsidente­n Wladimir Putin als auch das Vorgehen der NATO und der EU kritisiert.

Trotz Meinungsve­rschiedenh­eiten wie diesen gilt Gysi ebenso wie Bartsch als Befürworte­r einer Annäherung an die SPD. Der aktuelle Linksfrakt­ionschef hatte etwa Ende November bei einer öffentlich­en Veranstalt­ung in Leipzig mit dem Vorsitzend­en der Grünen-Fraktion, Anton Hofreiter, und der SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley über ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis diskutiert. Beim Netzwerk Berlin ist nun geplant, dass Bartsch ein Impulsrefe­rat halten und dann etwa eine Stunde die Fragen der SPD-Abgeordnet­en beantworte­n wird.

Eine geringere Präsenz bei solchen Veranstalt­ungen zeigt Sahra Wagenknech­t, obwohl sie sich wie viele ihrer Genossen eine Zusammenar­beit mit der SPD unter den vage formuliert­en Bedingunge­n vorstellen kann, dass der Sozialstaa­t wiederherg­estellt wird und Deutschlan­d eine friedliche Außenpolit­ik betreibt. Nach Informatio­nen des »nd« hat sich das Netzwerk Berlin nicht um eine Teilnahme der Kovorsitze­nden der Linksfrakt­ion beim Treffen in der kommenden Woche bemüht.

Das Netzwerk Berlin stand einem MitteLinks-Bündnis lange skeptisch gegenüber. Die Mitglieder sehen etwa in der Außenpolit­ik Differenze­n.

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