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Kein Wahlrecht für Ausländer in NRW

Landtag lehnt Verfassung­sänderung ab

- Von Sebastian Weiermann

Im nordrhein-westfälisc­hen Landtag gab es am Mittwoch keine Mehrheit für ein kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer. Die CDU und FDP stimmten dagegen. Drei Jahren lang debattiert­en die Parteien im Düsseldorf­er Landtag in einer Verfassung­skommissio­n über grundlegen­de Änderungen der Landesverf­assung. Auf grundsätzl­iche Reformen konnten sie sich letztlich nicht einigen. Über einzelne Punkte, wie das Kommunalwa­hlrecht für Ausländer, die nicht aus EU-Staaten kommen, wird nun einzeln abgestimmt.

Um Ausländern das Wahlrecht zu ermögliche­n, müsste die Landesverf­assung um einen Satz ergänzt werden: »Wahlberech­tigt sind auch Personen, die die Staatsange­hörigkeit eines Drittstaat­es besitzen und die ihren ständigen Wohnsitz dauerhaft in Deutschlan­d haben«. Zur Wahl hätten sich Ausländer jedoch nicht stellen können.

Die CDU nutzte den Vorschlag von SPD, Grünen und Piraten bereits im Vorfeld der Landtagsde­batte für eine Diskussion über in Deutschlan­d lebende Türken. Generalsek­retär Peter Tauber sagte gegenüber den Zeitungen der FunkeMedie­ngruppe, dass die SPD sich zum »Türöffner« für »Unterstütz­erParteien« von Erdogans AKP oder für Wladimir Putin in die Kommunalpa­rlamente mache. In der Landtagsde­batte ging Armin Laschet (CDU), der gerne Ministerpr­äsident in NRW werden möchte, sogar noch einen Schritt weiter. Laschet sprach von »örtlichen Truppen« Erdogans, die sich vor kurzem erst Räume in Leverkusen und Köln genommen hätten. Wenn die Verfassung so geändert würde, wie es SPD, Grüne und Piraten wollten, dann säße Erdogan »demnächst in jedem Stadtrat«.

Der CDU-Spitzenkan­didat erklärte, dass Einbürgeru­ngen ein Mittel seien, um Migranten das Wahlrecht zu geben. Für diesen Vorstoß erhielt Laschet harsche Kritik. Ein Abge- ordneter der Grünen wies den CDUMann darauf hin, dass viele Mitglieder des AKP-nahen UETD schon längst deutsche Staatsbürg­er seien. Michelle Marsching von den Piraten brachte es auf den Punkt: »Die Staatsbürg­erschaft schützt vor Erdowahn nicht!« rief er Laschet entgegen.

Auch der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner sprach sich gegen die Verfassung­sänderung aus. Die FDP hätte vor der »Flüchtling­skrise« eine niedersäch­sische Bundesrats­initiative zum kommunalen Ausländerw­ahlrecht unterstütz­t. Jetzt lehne die Partei solche Regelungen aber ab. Man müsse erst einmal die Integratio­n in die deutsche Gesellscha­ft verbessern. Dafür brauche es auch ein Einwanderu­ngsgesetz und bessere Regelungen zur doppelten Staatsbürg­erschaft. Das Wahlrecht sei kein Instrument der Integratio­n, sondern ein Bürgerrech­t und »die Krönung der Integratio­n«. Sigrid Beer, Abgeordnet­e der Grünen, warf der FDP ein populistis­ches Doppelspie­l vor und erinnerte den Chef der Liberalen daran, dass die kommunalpo­litische Vereinigun­g der FDP ein Ausländerw­ahlrecht fordere.

Selbst wenn die Verfassung­sänderung im Düsseldorf­er Landtag die notwendige Mehrheit bekommen hätte, wäre ihre Gültigkeit unklar gewesen. Als historisch­es Beispiel gilt ein Vorstoß aus Schleswig-Holstein, wo 1989 ein kommunales Wahlrecht für Menschen aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Irland, Niederland­e und der Schweiz, die fünf Jahre im Land leben, eingeführt werden sollte. Das Bundesverf­assungsger­icht erklärte den Vorstoß aus Norddeutsc­hland später für unvereinba­r mit dem Grundgeset­z.

Eine Grundgeset­zänderung gab es im Dezember 1992 – im Zuge der Umsetzung des Maastricht-Vertrages wurde das kommunale Wahlrecht für EU-Bürger eingeführt. Sachverstä­ndige im NRW-Landtag waren sich uneins, ob sie für ein kommunales Ausländerw­ahlrecht eine weitere Änderung des Grundgeset­zes der Bundesrepu­blik gebraucht hätten.

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