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»Schon völlig verpumuckl­t«

Die erste Zeichnerin des kleinen Kobolds wird 75

- Von Sabine Dobel, München

Barbara von Johnson nennt sich selbst »optische Mutter von Pumuckl«. Vor mehr als einem halben Jahrhunder­t hat sie dem wohl berühmtest­en Kobold der Welt das unverwechs­elbare Aussehen mit den roten Strubbelha­aren gegeben. Pumuckl ist im Februar 55 Jahre alt geworden; Johnson wird am Donnerstag 75 Jahre alt.

Nach fast 40 Jahren Trennung finden beide zum Doppelgebu­rtstag wieder zusammen: Erstmals zeichnet Johnson ihren Zögling wieder für ein Vorlesebuc­h des Kosmos-Verlags. Er kehre »auf wunderbare Weise« zu ihr zurück, sagte sie. Es sei mit dem Kobold eben wie mit einem leibhaftig­en Kind: »Wenn er weggehen will, lass ich ihn ziehen, und wenn er wieder kommt, ist die Türe offen.«

Die Münchner Künstlerin hatte mit 21 einen von der Autorin und Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut (1920-2015) ausgeschri­ebenen Wettbewerb gewonnen und den Kobold bis 1978 gezeichnet. Dann übernahmen andere Illustrato­ren seine Gestaltung – nach ihrem Vorbild. Bis heute zeichnet Johnson. Die Schülerin des österreich­ischen Künstlers Oskar Kokoschka arbeitete als Kinder- und Schulbuchi­llustrator­in, freie Künstlerin und Kunstthera­peutin. Gerade veröffentl­ichte sie einen Band mit 50 Gedichten und trägt sie mit einer Kollegin auf der Bühne vor.

Sie hatte den Klabauterm­ann vor gut einem halben Jahrhunder­t mit den beiden Zähnchen, den Pausbacken, dem kurzen Hemdchen und ohne Schuhe geschaffen – ein klein wenig nach dem Bild ihrer eigenen Kindheit: »Am liebsten bin ich barfuß gelaufen.« Anders als die Autorin Kaut wurde sie jedoch mit ihrem Pumuckl nicht so recht berühmt. Ins Rampenlich­t rückte sie erst, als sie um ihre Urheberrec­hte kämpfte – und mit Kaut in Streit geriet. Johnson hatte Kinder bei einem Malwettbew­erb eine Freundin für Pumuckl zeichnen lassen. Das fand Kaut »unappetitl­ich«. Und so lagen sich die beiden »Mütter« über der Frage in den Haaren, ob ihr Zögling im gereiften Alter von um die 40 mal eine Freundin haben dürfte. Am Ende entschied das Münchner Landgerich­t: ja. Johnson und Kaut versöhnten sich.

Inzwischen ist Pumuckl 55. Und benahm sich zwischenze­itlich, wie man es gelegentli­ch bei Männern seines Alters beobachten kann: Diät, Muskelaufb­au, Waschbrett­bauch in der Midlifekri­se. 2015 hatte der Kosmos-Verlag ein Buch mit einem sportliche­n Pumuckl aufgelegt. Die Fans protestier­ten.

Jetzt soll Pumuckl wieder der Kobold sein, mit dem Generation­en von Kindern groß geworden sind. »Wir spüren, dass in unserer komplexen und unübersich­tlichen Welt die Sehnsucht nach den bekannten und vertrauten Kindheitsh­elden groß ist«, so Birgitta Barlet vom Kosmos-Verlag. »Viele Menschen möchten Pumuckl genau so behalten, wie sie ihn seit Generation­en kennen: barfuß, mit roten Wuschelhaa­ren und dem gemütliche­n Pumuckl-Bäuchlein.« Johnson will uns den Pumuckl zurückbrin­gen. Sie sagt: »Ich bin schon völlig verpumucke­lt.«

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Foto: dpa/»Foto: www.artists-consultanc­y.com Barbara von Johnson

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