Schulz hält an Agenda 2010 fest
SPD-Spitzenkandidat gegen Aufgabe der Sanktionen bei Hartz IV
Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will Sanktionen gegen Erwerbslose beibehalten, wenn die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. »Bei den Sanktionen geht es ja nicht um Schikanen«, sagte Schulz der »Rheinischen Post«. Vielmehr gehe es darum, »dass sich selbstverständlich auch Bezieher von Hartz IV an bestimmte Spielregeln halten und etwa verabredete Gesprächstermine einhalten«.
Schulz wandte sich damit gegen Forderungen der Linkspartei, die auf ein Ende der Sanktionen dringt. Deren früherer Parteivorsitzender, Oskar Lafontaine, warf im Magazin »Fokus« der SPD vor, von einer Abkehr von der Agenda 2010 könne bei ihr »keine Rede sein«. Lafontaine äußerte sich daher skeptisch zu den Aussichten für ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund. Unmissverständlich äußerte sich dazu auch Sarah Wagenknecht. Die LINKE-Spitzenkandidatin machte gegenüber der dpa ein Abrücken von dem Hartz-IV-System zur Bedingung für ein mögliches MitteLinks-Bündnis.
Der von Martin Schulz ausgerufene Gerechtigkeitswahlkampf entwickelt sich zur Farce. Denn der Sozialdemokrat, der im Herbst ins Kanzleramt einziehen will, hat kein Problem damit, dass Erwerbslosen die ohnehin karge Unterstützung gekürzt werden kann. Obwohl die Sanktionen gegen Hartz-IVEmpfänger oft zu Unrecht verhängt werden und zu Verelendung führen, meinte Schulz nun, dass sie keine Schikanen seien. Sein Vorhaben, die neoliberale Agenda 2010 zu reformieren, hat offensichtlich Grenzen, wenn es um die Belange von Abgehängten in dieser Gesellschaft geht. Das bedeutet auch, dass Schulz keinen klaren Bruch mit der Politik der Großen Koalition anstrebt. Die Bundesregierung hatte erst vor wenigen Monaten die Möglichkeiten zur Bestrafung der Betroffenen verschärft, wenn diese angeblich nicht mit den Jobcentern kooperieren.
Der designierte SPD-Chef stellt sich mit seinen Äußerungen außerdem gegen Beschlüsse von Grünen und LINKEN, wobei erwähnt werden muss, dass die Forderung nach Abschaffung der Sanktionen ein Markenkern der letztgenannten Partei ist. Ein Kompromiss in dieser Frage wäre eine wichtige Voraussetzung für ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Bundestagswahl. Auch viele linke Sozialdemokraten würden eine solche Koalition präferieren. Es deutet sich aber an, dass Schulz ihre Hoffnungen nicht erfüllen wird.