Umstrittener Friedensappell
Hunderte bei »Friedenskundgebung« auf Breitscheidplatz / Kritik an Teilnahme vermeintlicher Islamisten
Es sollte ein gemeinsames Zeichen für den Frieden werden. Doch weil Mitorganisatoren der Kundgebung Kontakte zu Islamisten haben sollen, wollten sich jüdische Organisationen nicht beteiligen. Unter dem Motto »Religionen für ein weltoffenes Berlin« haben etwa 500 Menschen am Donnerstagabend auf dem Breitscheidplatz in Charlottenburg gegen religiös motivierte Gewalt und für ein friedliches Zusammenleben demonstriert. Zu einem stillen Gebet mit Kerzen und an- schließender Kundgebung hatte ein multireligiöses Bündnis aufgerufen.
Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) war gekommen: »Am 19.12.2016 war der Breitscheidplatz ein Ort der Trauer. Wir wollen daraus heute einen Ort der Hoffnung machen«, sagte er in seinem Grußwort. Der Wunsch nach einem friedlichen und respektvollen Miteinander verbinde alle Religionen: »Ich wehre mich gegen das Trennende in der Religion.«
Nach ihm sprachen Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften, unter ihnen Martin Gerber, Pfarrer der Gedächtniskirche, sowie Moha- med Taha Sabri, Vorsitzender der Neuköllner Begegnungsstätte und Imam der Dar Assalam-Moschee in der Flughafenstraße.
Zuvor hatte es massive Kritik an der Kundgebung und am Auftritt Müllers gegeben. Der Zentralrat der Juden in Deutschland und das American Jewish Commitee (AJC) hatten Müller aufgefordert, von der Veranstaltung fern zu bleiben. Die beiden Organisationen hatten sich ebenso wie die jüdische Gemeinde zu Berlin nicht an der Kundgebung beteiligt. Der Grund: An der Veranstaltung nahmen vier muslimische Vereine teil, die Kontakte zu islamistischen Gruppierun- gen im Ausland haben sollen und vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Auch die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus hatten die Veranstaltung kritisiert.
Deidre Berger, Direktorin des AJC in Berlin, sagte: »Es ist empörend, wenn sich an einer Friedenskundgebung islamistische Akteure beteiligen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und in einem Fall sogar Nähe zur palästinensischen Terrororganisation Hamas aufweisen.« Auf diese Weise werde der Anschlag instrumentalisiert und die mörderische Ideologie der Täter trivialisiert.
Im Verfassungsschutzbericht 2015 werden die Vereine »Islamische Kultur und Erziehungszentrum Berlin«, »Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung«, »Teiba Kulturzentrum« sowie der Mitorganisator »Neuköllner Begegnungsstätte« dem »legalistischen Islamismus« zugerechnet. Diese Vereine riefen zwar nicht zu Gewalttaten auf, so heißt es dort, bezogen auf die Staatsordnung und das Geschlechterverhältnis verträten sie jedoch eine Weltanschauung, die »mit den Grundsätzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar« sei.
Über den Umgang mit der Dar Asaalam-Moschee gab es auch im vergangenen Jahr Auseinandersetzungen: Die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verteidigte ihren dortigen Besuch und auch der Regierende Bürgermeister hatte den Imam 2015 mit dem Verdienstorden des Landes ausgezeichnet.
Der Berliner Rabbiner Elias Dray hatte seine Teilnahme an der Kundgebung aufgrund der Kritik kurzfristig abgesagt. »Als ich gefragt wurde, ob ich beim Friedensgebet mit dabei sein könnte, war es ein kleiner Kreis von Veranstaltern. Ich wusste nicht, dass einige Organisationen mit einbezogen würden, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden«, begründete er seine Absage.
Auch ein Dutzend Protestanten der »Antideutschen Aktion Berlin« kritisierten die Kundgebung. Sie zeigten Israel-Fahnen und ein Plakat mit der Aufschrift: »Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder«. Am 19. Dezember 2016 hatte der Islamist Anis Amri einen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Platz gesteuert. Zwölf Menschen wurden bei dem Anschlag getötet, über 50 weitere teils schwer verletzt.