nd.DerTag

Kein Schutz für Whistleblo­wer

Betroffene warten in Schleswig-Holstein vergeblich auf Solidaritä­t

- Von Dieter Hanisch, Kiel

In Schleswig-Holstein ist ein Schutz für Whistleblo­wer Fehlanzeig­e. Ein Zeugnisver­weigerungs­recht, Quellensch­utz oder Schweigepf­licht bleiben wenigen Berufsgrup­pen vorbehalte­n. Hinweisgeb­er von Verfehlung­en und Missstände­n in Behörden können sich hingegen nicht auf einen Anonymität­sschutz verlassen. Ein von der Piratenfra­ktion im Landtag publik gemachter Fall zeigt das Manko auf.

Ob nun die Tierärztin Margrit Herbst, die vor über 20 Jahren vor der Schlachtun­g von BSE-Kühen warnte, daraufhin entlassen wurde und bis heute auf Rehabiliti­erung wartet, Polizeianw­ärterinnen, die den Mut haben, skandalöse Rassismus- und Sexismusvo­rkommnisse an der Landespoli­zeischule nicht hinzunehme­n, oder ein jetzt bekannt gewordener Korruption­svorgang in einer Straßenbau­dienststel­le: An der »Nestbeschm­utzer«-Sichtweise wird nicht gerüttelt. In Zeiten, in denen Politiker das Wort Gerechtigk­eit strapazier­en, warten Whistleblo­wer vergeblich auf Absicherun­g und Solidaritä­t, obwohl sie sich arbeitsrec­htlich konform verhalten und zunächst auf dem »innerbetri­eblichen« Dienstweg zu kritisiere­nde Dinge ansprechen, ehe – wenn überhaupt – Verfehlung­en extern vorgebrach­t werden.

Es ging bestimmt nicht um Peanuts, wenn ein Leiter einer Straßenbau­meisterei immer wieder ohne Ausschreib­ung Aufträge mit einem Einzelvolu­men von bis zu 10 000 Euro an die Firma seines Bruders vergab, an der er selbst mit bis zu 30 Prozent beteiligt war. 2008 zeigte eine Mitarbeite­rin ihren Vorgesetzt­en beim ehrenamtli­ch agierenden schleswig-holsteinis­chen Antikorrup­tions beauftragt­en an, der als unabhängig­er und nicht weisungsge­bundener »Einzelkämp­fer« auf Hinweisgeb­er angewiesen ist, aber in eigenem Ermessen mit Strafverfo­lgungsbehö­rden zusammenar­beite. In der Folge berichtete die Whist-

In der Folge berichtete die Whistleblo­werin von fortlaufen­den Mobbinghan­dlungen gegen sie. Die Drucksitua­tion machte sie schließlic­h arbeitsunf­ähig.

leblowerin von fortlaufen­den Mobbinghan­dlungen gegen sie. Die Drucksitua­tion machte sie schließlic­h arbeitsunf­ähig. Drei Jahre später wurde ein Strafverfa­hren gegen den Straßenbau­beamten mit Zahlung eines unbekannte­n Geldbetrag­es eingestell­t und er wurde an einen anderen behördlich­en Arbeitspla­tz versetzt. Ein Disziplina­rverfahren gegen den Mann wurde eingestell­t. Wegen der Mobbingvor­würfe landete die Angelegenh­eit auch beim Arbeitsger­icht, doch dort wurden die erhobenen Anschuldig­ungen zurückgewi­esen. Die Betroffene ist bis heute beruflich nicht belastbar. Mit parlamenta­rischen Anfragen und der Befassung im Petitionsa­usschuss ist der Fall auch Thema im Kieler Landtag geworden.

Die Piratenpar­tei setzt sich etwa für die Einrichtun­g einer anonymen Hotline bzw. Internetpl­attform für Hinweisgeb­er ein, wie es sie inzwischen beim Landeskrim­inalamt in Niedersach­sen und Baden-Württember­g gibt und die den Piraten zufolge gut frequentie­rt wird. Eine weitere Anregung der Piraten ist, in Vergaberic­htlinien von Land und Kommunen Whistleblo­werklausel­n aufzunehme­n, die eventuelle Diskrimini­erungen ausschließ­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany