Kein Schutz für Whistleblower
Betroffene warten in Schleswig-Holstein vergeblich auf Solidarität
In Schleswig-Holstein ist ein Schutz für Whistleblower Fehlanzeige. Ein Zeugnisverweigerungsrecht, Quellenschutz oder Schweigepflicht bleiben wenigen Berufsgruppen vorbehalten. Hinweisgeber von Verfehlungen und Missständen in Behörden können sich hingegen nicht auf einen Anonymitätsschutz verlassen. Ein von der Piratenfraktion im Landtag publik gemachter Fall zeigt das Manko auf.
Ob nun die Tierärztin Margrit Herbst, die vor über 20 Jahren vor der Schlachtung von BSE-Kühen warnte, daraufhin entlassen wurde und bis heute auf Rehabilitierung wartet, Polizeianwärterinnen, die den Mut haben, skandalöse Rassismus- und Sexismusvorkommnisse an der Landespolizeischule nicht hinzunehmen, oder ein jetzt bekannt gewordener Korruptionsvorgang in einer Straßenbaudienststelle: An der »Nestbeschmutzer«-Sichtweise wird nicht gerüttelt. In Zeiten, in denen Politiker das Wort Gerechtigkeit strapazieren, warten Whistleblower vergeblich auf Absicherung und Solidarität, obwohl sie sich arbeitsrechtlich konform verhalten und zunächst auf dem »innerbetrieblichen« Dienstweg zu kritisierende Dinge ansprechen, ehe – wenn überhaupt – Verfehlungen extern vorgebracht werden.
Es ging bestimmt nicht um Peanuts, wenn ein Leiter einer Straßenbaumeisterei immer wieder ohne Ausschreibung Aufträge mit einem Einzelvolumen von bis zu 10 000 Euro an die Firma seines Bruders vergab, an der er selbst mit bis zu 30 Prozent beteiligt war. 2008 zeigte eine Mitarbeiterin ihren Vorgesetzten beim ehrenamtlich agierenden schleswig-holsteinischen Antikorruptions beauftragten an, der als unabhängiger und nicht weisungsgebundener »Einzelkämpfer« auf Hinweisgeber angewiesen ist, aber in eigenem Ermessen mit Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeite. In der Folge berichtete die Whist-
In der Folge berichtete die Whistleblowerin von fortlaufenden Mobbinghandlungen gegen sie. Die Drucksituation machte sie schließlich arbeitsunfähig.
leblowerin von fortlaufenden Mobbinghandlungen gegen sie. Die Drucksituation machte sie schließlich arbeitsunfähig. Drei Jahre später wurde ein Strafverfahren gegen den Straßenbaubeamten mit Zahlung eines unbekannten Geldbetrages eingestellt und er wurde an einen anderen behördlichen Arbeitsplatz versetzt. Ein Disziplinarverfahren gegen den Mann wurde eingestellt. Wegen der Mobbingvorwürfe landete die Angelegenheit auch beim Arbeitsgericht, doch dort wurden die erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen. Die Betroffene ist bis heute beruflich nicht belastbar. Mit parlamentarischen Anfragen und der Befassung im Petitionsausschuss ist der Fall auch Thema im Kieler Landtag geworden.
Die Piratenpartei setzt sich etwa für die Einrichtung einer anonymen Hotline bzw. Internetplattform für Hinweisgeber ein, wie es sie inzwischen beim Landeskriminalamt in Niedersachsen und Baden-Württemberg gibt und die den Piraten zufolge gut frequentiert wird. Eine weitere Anregung der Piraten ist, in Vergaberichtlinien von Land und Kommunen Whistleblowerklauseln aufzunehmen, die eventuelle Diskriminierungen ausschließen.