Den Menschen im Erzgebirge stinkt es
Kritik an neuer Studie zu Geruchsbelästigungen in der sächsischen Region
Erste Untersuchungen zu Geruchsbelästigungen am Erzgebirgskamm sind 20 Jahre alt. Nun gibt es eine neue Studie dazu. Dresden. Besonders im Winter stinkt es den Menschen im Erzgebirge. Seit Jahren klagt die Region über »Böhmischen Nebel« – lange Zeit als »Katzendreckgestank« bekannt – aus dem Nachbarland Tschechien, der laut Betroffenen an den Geruch nach faulen Eiern erinnert. Sachsens Sozialministerium will mit einer neuen Studie den Zusammenhang zwischen Geruchsbelastung und Beschwerden klären.
»Leider hat die Studie noch zu keinen belastbaren Ergebnissen geführt«, sagte eine Ministeriumsspre- cherin. Demnach ist die Datenlage zu dünn. Derzeit werde geprüft, ob die Untersuchung präzisiert werden könne. Wissenschaftler der TU Dresden hatten aus drei Teilstudien geschlussfolgert, dass die gesundheitlichen Belastungen nur gering seien.
Etwa ein Drittel der Einheimischen beklagt bei bestimmten Wetterlagen immer wieder Symptome wie Kopfschmerzen, Atemprobleme, Erbrechen oder Durchfall, sagte Hartmut Tanneberger, Sprecher einer bereits 2001 gegründeten Bürgerinitiative.
Um zu erfahren, ob die Menschen in der Region aufgrund des Gestanks ambulant behandelt werden mussten, werteten Wissenschaftler für die Studie u. a. Daten einer Krankenkasse aus. Außerdem wurde die Zahl von Klinikeinweisungen zwischen 2011 und 2014 sowie ein eigens erstellter Fragebogen für betroffene Kinder analysiert. Einen belastbaren Zusammenhang konnten die Forscher nach Ministeriumsangaben nicht erkennen.
»Die Aussagekraft dieser Studie ist aus unserer Sicht sehr begrenzt«, so Tanneberger. Viele gingen nicht mehr jedes Mal zum Arzt, wenn sie aufgrund schlechter Luft Beschwerden hätten. Zudem stammten nur drei der 60 befragten Kinder aus der Region. Der Fragebogen habe zwischen Juni und Oktober 2016 in der Dresdner Uniklinik gelegen. »Die meisten Belastungen verzeichnen wir aber seit Jahren zwischen Oktober und März.«
Die betroffenen Bürger setzen daher auf eine andere Gesundheitsstudie des sächsischen Umweltministeriums. Mit »OdCom« (Objektivierung der Geruchsbeschwerden im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet) wollen Sachsen und Tschechien bis 2019 gemeinsam herausfinden, was wirklich hinter dem Gestank steckt und ob dieser tatsächlich krank macht.
Der Geruch hat seinen Ursprung wahrscheinlich in Nordböhmen rund um die Stadt Litvinov. Die Region beschäftigt in der Chemieindustrie etwa 7000 Menschen. Als Ursache gelten Schwefelverbindungen, sogenannte Mercaptane. Die hatte man 2016 mit einem neuartigen Messverfahren erstmals nachweisen können.