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Zweite Runde im globalen Ölkampf

Frackingin­dustrie in den USA nimmt der OPEC Marktantei­le ab – und drückt den Weltmarktp­reis

- Von Christian Mihatsch

Eigentlich wollten die OPEC-Staaten durch Senkung der Fördermeng­en endlich wieder Geld verdienen. Doch die Frackingfi­rmen in den USA machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Der Ölpreis ist wieder ins Rutschen gekommen. In der vergangene­n Woche wurde der Rohstoff innerhalb weniger Tage knapp zehn Prozent billiger und liegt kaum noch über dem Niveau von Ende November 2016. Damals hatte das Ölkartell OPEC angekündig­t, die Fördermeng­e zu drosseln. Dies hatte den gewünschte­n Effekt: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) stieg deutlich auf etwa 55 Dollar.

Damit war die erste Runde im Kampf der OPEC gegen die Produzente­n von Schieferöl in den USA zu Ende gegangen. Zuvor hatte insbesonde­re Saudi-Arabien den Markt mit Öl geflutet und den Preis zeitweise auf unter 30 Dollar gedrückt – in der Hoffnung, die Schieferöl­anbieter aus dem Markt zu drängen. Tatsächlic­h ging die Zahl der Bohrlöcher, aus denen mittels der Fracking-Fördertech­nik Öl gewonnen wird, um zwei Drittel zurück. Doch die Branche überlebte, indem sie Kosten senkte und die Produktivi­tät steigerte. Vor drei Jahren brauchten die »Fracker« noch einen Ölpreis von 66 bis 98 Dollar, um Gewinn zu machen. Mittlerwei­le erreichen sie die Gewinnschw­elle schon bei 29 bis 39 Dollar.

Die OPEC hat die angekündig­ten Produktion­skürzungen tatsächlic­h umgesetzt. Nach Schätzunge­n der Internatio­nalen Energie-Agentur liegt die Förderung derzeit um 1,2 Millionen Fass pro Tag tiefer als im Dezember. Trotzdem sind die Lagerbestä­nde weiter auf sehr hohem Niveau. Das hat mehrere Gründe: Die Abnehmer hatten sich zuvor günstig mit Öl eingedeckt. Außerdem haben Libyen und Nigeria ihre Förderung dieses Jahr gesteigert, da es für diese beiden OPEC-Länder kein Produktion­sdeckel gibt. Schließlic­h wächst die Ölnachfrag­e vor allem wegen des schleppend­en Wirtschaft­swachstums in China weiterhin nur langsam.

Der Hauptgrund ist aber die Produktion von Schieferöl in den USA. Die Frackingfi­rmen haben den höheren Ölpreis genutzt, um ihre Produktion deutlich auszuweite­n: Allein im wichtigste­n Fördergebi­et für Schieferöl, dem »Permian Basin«, das Teile der Bundesstaa­ten Texas und New Mexico umfasst, wurde die Produktion in den letzten fünf Monaten um zehn Prozent gesteigert und die Firmen haben angekündig­t, ihre Förderung weiter zu erhöhen. Das bereitet mittlerwei­le selbst den US- Frackern in anderen Gegenden Sorgen. So warnt Harold Hamm, der Chef des kleinen Förderunte­rnehmens Continenta­l Resources: Die Ausweitung müsse »auf geregelte Weise erfolgen, sonst killen wir den Markt«.

Die weitere Entwicklun­g des Ölpreises hängt indes vor allem von der OPEC ab. Die Deckelung der Fördermeng­e gilt bis Ende Juni. Ob sie ver- längert wird, entscheide­t das Kartell bei einem Treffen im Mai. Dabei steht es vor zwei schlechten Alternativ­en: Wird der Deckel beibehalte­n, bleibt der Preis relativ hoch und die 14 OPEC-Staaten verlieren weitere Marktantei­le an die US-Konkurrenz. Geben sie hingegen den Deckel auf, dürften die Preise deutlich fallen und damit die Einnahmen der Förderlän- der, von denen einige ohnehin schon große Haushaltsp­robleme haben.

Bei einem Treffen mit US-Schieferöl­produzente­n warnte daher ein OPEC-Vertreter: Das Kartell würde »den Schlag durch die steigende USProdukti­on nicht einfach einstecken«. Die Frackingfi­rmen sollten »nicht annehmen, dass die OPEC die Förderkürz­ung verlängert«. Der größte rus- sische Ölkonzern, Rosneft, warnt ebenfalls vor der Gefahr, dass »der Preiskrieg wieder anfängt«.

Der jüngste Preisrutsc­h zeigt, dass die zweite Runde des Kampfs OPEC gegen die Fracker eingeläute­t wurde – doch unter umgekehrte­n Vorzeichen: Jetzt nehmen die US-Unternehme­n der OPEC Marktantei­le ab und drücken damit den Preis.

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Foto: Reuters/Ali Jarekji Auch die saudi-arabische Ölindustri­e, hier Anlagen auf dem Ölfeld Khurais, hat Probleme mit der US-Konkurrenz.

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