Zweite Runde im globalen Ölkampf
Frackingindustrie in den USA nimmt der OPEC Marktanteile ab – und drückt den Weltmarktpreis
Eigentlich wollten die OPEC-Staaten durch Senkung der Fördermengen endlich wieder Geld verdienen. Doch die Frackingfirmen in den USA machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Der Ölpreis ist wieder ins Rutschen gekommen. In der vergangenen Woche wurde der Rohstoff innerhalb weniger Tage knapp zehn Prozent billiger und liegt kaum noch über dem Niveau von Ende November 2016. Damals hatte das Ölkartell OPEC angekündigt, die Fördermenge zu drosseln. Dies hatte den gewünschten Effekt: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) stieg deutlich auf etwa 55 Dollar.
Damit war die erste Runde im Kampf der OPEC gegen die Produzenten von Schieferöl in den USA zu Ende gegangen. Zuvor hatte insbesondere Saudi-Arabien den Markt mit Öl geflutet und den Preis zeitweise auf unter 30 Dollar gedrückt – in der Hoffnung, die Schieferölanbieter aus dem Markt zu drängen. Tatsächlich ging die Zahl der Bohrlöcher, aus denen mittels der Fracking-Fördertechnik Öl gewonnen wird, um zwei Drittel zurück. Doch die Branche überlebte, indem sie Kosten senkte und die Produktivität steigerte. Vor drei Jahren brauchten die »Fracker« noch einen Ölpreis von 66 bis 98 Dollar, um Gewinn zu machen. Mittlerweile erreichen sie die Gewinnschwelle schon bei 29 bis 39 Dollar.
Die OPEC hat die angekündigten Produktionskürzungen tatsächlich umgesetzt. Nach Schätzungen der Internationalen Energie-Agentur liegt die Förderung derzeit um 1,2 Millionen Fass pro Tag tiefer als im Dezember. Trotzdem sind die Lagerbestände weiter auf sehr hohem Niveau. Das hat mehrere Gründe: Die Abnehmer hatten sich zuvor günstig mit Öl eingedeckt. Außerdem haben Libyen und Nigeria ihre Förderung dieses Jahr gesteigert, da es für diese beiden OPEC-Länder kein Produktionsdeckel gibt. Schließlich wächst die Ölnachfrage vor allem wegen des schleppenden Wirtschaftswachstums in China weiterhin nur langsam.
Der Hauptgrund ist aber die Produktion von Schieferöl in den USA. Die Frackingfirmen haben den höheren Ölpreis genutzt, um ihre Produktion deutlich auszuweiten: Allein im wichtigsten Fördergebiet für Schieferöl, dem »Permian Basin«, das Teile der Bundesstaaten Texas und New Mexico umfasst, wurde die Produktion in den letzten fünf Monaten um zehn Prozent gesteigert und die Firmen haben angekündigt, ihre Förderung weiter zu erhöhen. Das bereitet mittlerweile selbst den US- Frackern in anderen Gegenden Sorgen. So warnt Harold Hamm, der Chef des kleinen Förderunternehmens Continental Resources: Die Ausweitung müsse »auf geregelte Weise erfolgen, sonst killen wir den Markt«.
Die weitere Entwicklung des Ölpreises hängt indes vor allem von der OPEC ab. Die Deckelung der Fördermenge gilt bis Ende Juni. Ob sie ver- längert wird, entscheidet das Kartell bei einem Treffen im Mai. Dabei steht es vor zwei schlechten Alternativen: Wird der Deckel beibehalten, bleibt der Preis relativ hoch und die 14 OPEC-Staaten verlieren weitere Marktanteile an die US-Konkurrenz. Geben sie hingegen den Deckel auf, dürften die Preise deutlich fallen und damit die Einnahmen der Förderlän- der, von denen einige ohnehin schon große Haushaltsprobleme haben.
Bei einem Treffen mit US-Schieferölproduzenten warnte daher ein OPEC-Vertreter: Das Kartell würde »den Schlag durch die steigende USProduktion nicht einfach einstecken«. Die Frackingfirmen sollten »nicht annehmen, dass die OPEC die Förderkürzung verlängert«. Der größte rus- sische Ölkonzern, Rosneft, warnt ebenfalls vor der Gefahr, dass »der Preiskrieg wieder anfängt«.
Der jüngste Preisrutsch zeigt, dass die zweite Runde des Kampfs OPEC gegen die Fracker eingeläutet wurde – doch unter umgekehrten Vorzeichen: Jetzt nehmen die US-Unternehmen der OPEC Marktanteile ab und drücken damit den Preis.