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Djibouti, made in China

Volksrepub­lik baut neuen Hafen, neue Bahnstreck­e und neue Freihandel­szone in Ostafrika

- Von Oliver Eberhardt, Djibouti-Stadt

Für gut 530 Millionen Euro hat China in Djibouti einen neuen Hafen gebaut. Insgesamt will die Volksrepub­lik fast 100 Milliarden Euro in Afrika investiere­n. Doch das Engagement ist umstritten. Chaotisch, veraltet sei der Hafen von Djibouti, sagen jene, die täglich mit ihm zu tun haben: »Wenn ein Schiff anlegt«, schimpft Birtukan Gidada, Geschäftsm­ann aus der äthiopisch­en Hauptstadt Addis Abeba, »dann dauert es Tage, bis die Ladung gelöscht wird. Dann liegen die Waren mehrere Wochen einfach nur herum.« Dieses Ereignis, sagt er, habe er deshalb kaum erwarten können.

Worauf Gidada anspielt, ist die feierliche Eröffnung eines neuen, modernen Hafens am vergangene­n Wochenende. Er hat eine maximale Umschlagsm­enge von 8,8 Millionen Tonnen im Jahr und liegt neben dem Hafen von Doraleh fünf Kilometer außerhalb von Djibouti-Stadt. Gebaut wurde er von chinesisch­en Staatsunte­rnehmen für umgerechne­t 530 Millionen Euro. Direkt daneben soll in den kommenden Jahren für ungefähr noch einmal so viel Geld eine 48 Quadratkil­ometer große Freihandel­szone entstehen. Außerdem baut China im Land zwei neue Flughäfen für 600 Millionen Euro, nachdem schon vor einigen Monaten die neue Bahnlinie nach Addis Abeba fertig geworden ist.

Und das alles ist nur ein kleiner Teil dessen, was die Volksrepub­lik in den kommenden Jahren auf dem afrikanisc­hen Kontinent investiere­n möchte: Von Djibouti über Äthiopien bis nach Liberia und Nigeria, allein im vergangene­n Jahr unterzeich­nete man Verträge im Gesamtwert von gut 60 Milliarden Euro.

Dabei gibt man sich stets sehr menschenfr­eundlich: »Wir möchten, dass Afrika den Anschluss an die Welt findet«, sagt Wang Junschan, ein chinesisch­er Diplomat in Djibouti. Das kleine ostafrikan­ische Land spiele dabei eine wichtige Rolle: Am Übergang vom Roten Meer zum Indischen Ozean gelegen, ist Djibouti der Brückenkop­f für Staaten ohne Meereszuga­ng wie Äthiopien: »Mit einem effiziente­n Hafen, schnellen und zuverlässi­gen Verkehrsve­rbindungen haben diese Länder bessere Entwicklun­gschancen.« Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass China erwartet, für die im- mensen Investitio­nen etwas zurück zu bekommen: Rohstoffe, die in der chinesisch­en Wirtschaft gebraucht werden, aber auch neue Absatzmärk­te.

Während Vertreter afrikanisc­her Regierunge­n die Freundscha­ft zu China beschwören und betonen, wie wichtig die Investitio­nen sind, um der Armut zu entkommen, herrscht in der Öffentlich­keit vielerorts Skepsis. Vor allem Gewerkscha­ften kritisiere­n immer wieder, dass die Projekte mit chinesisch­en Arbeitern umgesetzt werden, das Material nahezu komplett aus China importiert wird und der Betrieb nach Fertigstel­lung für mehrere Jahre mit chinesisch­em Personal und unter chinesisch­er Kontrolle laufen soll. Wobei Djibouti eine Ausnahme darstellt: Im Gegenzug dafür, dass China sehr zum Missfallen der USA eine Militärbas­is bauen durfte, wurden beim Bau von Hafen und Bahnlinie vermehrt heimische Arbeiter eingesetzt. Anderswo stellte sich, nachdem Projekte nach einigen Jahren an die jeweilige Regierung übergeben wurde, häufig heraus, dass ausgebilde­tes einheimisc­hes Personal fehlt und die Anlagen sehr wartungsan­fällig sind.

Die Vertragsko­nditionen sind fast immer geheim. Nur selten sickert durch, was die jeweilige Regierung vereinbart hat: So stellte sich nach dem Bau einer Straßenbah­n in Addis Abeba heraus, dass die Regierung sich zu jährlichen Zahlungen verpflicht­et hat, die den Wert der Tram am Ende weit überstiege­n haben werden. Solche Deals seien die Regel, sagt Hassan Summonu, Vorsitzend­er des Dachverban­ds der afrikanisc­hen Gewerkscha­ften. In Sambia, wo man nahezu den ganzen Staatshaus­halt an erwarteten Rohstoffex­porten nach China ausgericht­et hatte, führte eine Wirtschaft­skrise fast zum Kollaps.

»China stellt sich gerne als Gegenpol zum westlichen Kolonialis­mus dar«, sagt Summonu. »Aber aus unserer Sicht gibt es da meist keinen Unterschie­d: Die Politiker profitiere­n, und wir Afrikaner stehen am Ende vor einer funkelnden Eisenbahn und wissen nicht, was wir damit machen sollen.«

Der neue Hafen von Djibouti wird indes wohl noch einige Zeit auf florierend­en Handel warten müssen. In der Region herrschen Kriege und Hungersnöt­e. Hilfsorgan­isationen hoffen hingegen darauf, über den Hafen schneller Güter in betroffene Regionen schaffen zu können.

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