Stolpersteine für drei jüdische Opfer
An 16 Adressen in Luckenwalde erinnern Stolpersteine an 35 Opfer des Faschismus. Die drei jüngsten Steine liegen seit Montag vor der Breiten Straße 18 und am Haag 1. Der Landtagsabgeordnete Sven Petke (CDU) kümmert sich fürsorglich um das Wohl der Polizisten. Den beiden Beamten, die am Montagvormittag ihren Streifenwagen in der Breiten Straße in Luckenwalde geparkt haben, um die Verlegung von Stolpersteinen zu schützen, bringt er Kaffee. »Die kümmern sich um uns«, betont Petke. Schließlich habe es bei ähnlichen Anlässen früher leider schon Vorfälle gegeben.
Das bestätigt sich etwa eine halbe Stunde später. Der Künstler Gunter Demnig hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Stolpersteine für die jüdischen Naziopfer Anna und Julius Hoffnung vor dem Haus Nummer 18 im Gehweg platziert und Landtagsvizepräsident Dieter Dombrowski (CDU) hält eine Ansprache. Da radeln hinten zwei ältere Männer durch und einer meckert unflätig: »Ach du Scheiße, Gedenken. Dafür haben die Geld.«
Die 34 Bürger, die zur Verlegung der Steine gekommen sind und Dombrowski zuhören, bekommen davon allerdings nichts mit. Andere Passanten bleiben kurz stehen, um zu schauen, was hier gerade geschieht. Nach einer Weile laufen sie wortlos weiter.
Bis jetzt lagen in Luckenwalde schon 32 Stolpersteine an 14 ver-
»Die Shoa darf nie vergessen werden.« Yair Even, Gesandter Israels
schiedenen Adressen. Am Montag kamen die zwei Steine für das Ehepaar Hoffnung dazu, und um die Ecke, am Haag 1, noch ein Stolperstein für Henriette Spitz. Henriette war die Ehefrau des Kaufmanns Jacob Spitz, der 1936 im Alter von 89 Jahren im Krankenhaus starb. Henriette wurde 1942 – im Alter von 82 Jahren – in ein Arbeitslager verschleppt. Sie starb am 11. März 1943 im Siechenheim der Jüdischen Gemeinde in Berlin-Mitte.
Julius Hoffnung war Arzt und ein wohlhabender Mann. Er war der zweite Autobesitzer in Luckenwalde. Das erste Auto im Ort fuhr ein Pianofabrikant. Seine Praxis hatte Julius Hoffnung in der Breiten Straße 18. Die Familie wohnte dort auch. Die Kinder Lisbeth und Rudolf wurden in dem Haus geboren. Ihnen gelang später noch rechtzeitig die Emigration. Lisbeth wanderte 1939 nach England aus, Rudolf war bereits 1934 nach Palästina gegangen.
Nachdem die Faschisten jüdischen Ärzten 1933 die kassenärztliche Zulassung entzogen hatten, gab Julius Hoffnung seine Praxis in Luckenwalde auf. Er zog mit seiner Frau Anna nach Berlin-Wilmersdorf. Im August 1942 wurde das Ehepaar ins KZ Theresienstadt deportiert. Da war Julius Hoffnung 81 Jahre alt, seine Frau Anna 72 Jahre. Julius Hoffnung wurde am 5. Oktober 1942 ermordet, Anna am 24. März 1944.
»Die Shoa darf nie vergessen werden«, mahnt am Montag der israelische Gesandte Yair Even. Ullrich Fleck, Chefarzt im Luckenwalder DRK-Krankenhaus, spricht von der Schuld, die die Ärzteschaft seinerzeit auf sich geladen hat. Fleck erinnert daran, dass deutsche Mediziner Totenscheine mit fingierten Todesursachen unterschrieben. Landtagsvizepräsident Dombrowski berichtet, was ihm seine Mutter erzählte, als er sie nach ihrem Verhalten in der Nazizeit fragte. Sie gestand: »Ich habe mitgemacht. Ich habe am Straßenrand gestanden und gejubelt. Heute tut es mit leid.«