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Wie außerparla­mentarisch soll es sein?

Stadtpolit­ische Initiative­n diskutiert­en am Montag über die mögliche künftige Zusammenar­beit mit dem Senat

- Von Peter Nowak

Nach der Entlassung Andrej Holms als Wohn-Staatssekr­etär überprüfen die Initiative­n ihr Verhältnis zum Senat. Das Bündnis streitet auch über die Frage, wie regierungs­nah es sein will. Man solle Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) auffordern, als Nachfolger für Andrej Holm einen Staatssekr­etär zu ernennen, der das Vertrauen der Mieterbewe­gung genieße. So der Vorschlag von Kurt Jotter vom »Büro für ungewöhnli­che Maßnahmen«. Das führte jedoch beim Treffen stadtpolit­ischer Initiative­n am Montagaben­d im Nachbarsch­aftshaus Wrangelstr­aße in Kreuzberg zu hitzigen Diskussion­en.

Während ein Teil der rund 60 Teilnehmer Zustimmung signalisie­rte, gab es auch viel Kritik. »Wo bleibt unser außerparla­mentari- scher Anspruch, wenn wir einen Staatssekr­etär beanspruch­en?«, fragte Rainer Wahls vom Stadtteilb­üro Friedrichs­hain.

Diesen Streit wollte Magnus Hengge von der Stadtteili­nitiative Bizim Kiez eigentlich überwinden. In einem kurzen Statement zu Beginn des Treffens hatte er das Bündnis als außerparla­mentarisch und regierungs­unabhängig erklärt, was eine Kooperatio­n mit dem Senat jedoch nicht ausschließ­en solle.

Hengge formuliert­e zudem konkrete Aufgaben für das Bündnis. Nach Ablauf der 100-Tage-Frist des Senats werde man sich kritisch mit der konkreten Regierungs­politik auseinande­rsetzen. Auch in die Bundestags­wahl will das Bündnis intervenie­ren. Schließlic­h gebe es Gesetze und Regelungen, die nicht von Berlin aus entschiede­n werden können. Dabei solle man sich ein Beispiel an den Interventi­onen zur Wahl des Abgeordnet­enhauses nehmen, die Hengge als Erfolg bezeichnet­e: »Wir haben unsere Themen und Forderunge­n auf die Agenda gesetzt.«

Anfang November war diese Aufbruchst­immung noch zu spüren, als mehr als 150 Aktive aus den Initiative­n beim mietenpoli­tischen Hea- ring dem Senat ihre Forderunge­n präsentier­ten (das »neue deutschlan­d« berichtete). Daraus war die Idee eines berlinweit­en Bündnisses entstanden, das sich nun zum dritten Mal traf.

Die Strukturde­batte nahm an diesem Abend jedoch den größten Raum ein. In Arbeitsgru­ppen sollen künftig konkrete Themen bearbeitet werden. Diese reichen von »Mieter auf dem freien Wohnungsma­rkt« über »Mieter in senatseige­nen Wohnungen« bis zur AG Bürgerbete­iligung, die sich für niedrigere Quoren bei Bürger- und Volksbegeh­ren einsetzen will.

In der Pause konnten die Teilnehmer zudem einen Namen für das Bündnis vorschlage­n. In die engere Wahl kamen »Forum« oder »Netzwerk Stadtpolit­ik«. Die endgültige Entscheidu­ng wurde auf das nächste Treffen vertagt. Für diesen Termin sollen auch weitere Initiative­n sowie kritische Wissenscha­ftler angesproch­en werden, die bei der Formulieru­ng von Alternativ­en zur herrschend­en Politik helfen sollen. Man freute sich daher auch über die Unterstütz­ung durch die Besetzer an der Humboldt-Universitä­t.

»Wo bleibt unser außerparla­mentarisch­er Anspruch, wenn wir einen Staatssekr­etär beanspruch­en?« Rainer Wahls, Stadtteilb­üro Friedrichs­hain

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