Hungrige Bienen
Monokulturen veranlassen Imker zur Landflucht.
Um die für die Ernährung immens wichtigen Bienen zu schützen, sollen auf einer Konferenz in Berlin Maßnahmen diskutiert werden. »Wir brauchen die Biene, ihr Schutz ist eine schlichte Lebensnotwendigkeit.« Mit diesen Worten eröffnete Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Dienstag in Berlin die zweitägige Internationale Bienenkonferenz. Unter dem Motto »Viele Akteure, ein Ziel« wollen rund 500 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verbänden diskutieren, wie der Schutz der Honigbiene verbessert werden kann, heißt es im Agrarministerium, das die Konferenz gemeinsam mit dem Deutschen Imkerbund ausrichtet.
Denn weltweit geht die Zahl der Bienenvölker dramatisch zurück. In Deutschland gibt es zurzeit 750 000 Völker, so Peter Maske, Vorsitzender des Deutschen Imkerbundes. Hierzulande sei ihre Zahl im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt sogar wieder leicht steigend, allerdings seien noch nicht die Völker berücksichtigt, die den vergangenen Winter nicht überstanden haben. Allein in Brandenburg haben laut Angaben der dortigen Imker 40 Prozent der rund 22 000 Völker nicht überlebt.
Dabei sind Bienen nicht nur für den Naturschutz wichtig, wie Schmidt betont. Allein in Deutschland liegt der wirtschaftliche Nutzen durch die Bestäubung bei 22 Milliarden Euro jährlich, das Produkt Honig ist hier nicht eingerechnet. »Bienen leisten einen immensen Beitrag zur Ernährungssicherheit«, so Schmidt.
Über die Ursachen des Bienensterbens wird auch auf der Konferenz gestritten werden. Ist es die Varroamilbe oder schädigen Pestizide die Bienen nachhaltig? Welche Auswirkungen hat der Klimawandel?
Für den Imker Maske ist letzterer nachrangig – für den Moment. »Die Auswirkungen des Klimawandels etwa durch Trockenheit werden uns erst später erreichen.« Er verweist auf den akuten Nahrungsmangel für Bienen in ländlichen Gebieten, der durch die Monokulturen der industriellen Landwirtschaft entsteht. »Wir beobachten momentan eine Landflucht der Imker in die Städte, weil die Versorgung ihrer Bienen dort besser ist«, so Maske. Peter Maske, Imkerverband
Der Imkerverband begrüßt daher das von der EU-Kommission angestrebte Verbot von drei Neonikotinoiden: Die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam stehen seit Jahren in Verdacht, wesentlichen Einfluss auf das Bienensterben zu haben. Die Pestizide werden seit den Neunziger Jahren in großen Mengen im Gartenbau und in der Landwirtschaft verwendet. In direktem Kontakt sind sie für Insekten tödlich, allerdings sind sie meist im Beizstoff von Saatgut enthalten. Hier haben sie subletale Auswirkungen, die Bienen sterben nicht, sind aber zu geschwächt, um in den Bienenstock zurückzufinden oder dort ihre Arbeit zu verrichten. Langfristig sei deshalb ein Verbot sämtlicher Neonikotinoide wünschenswert, so Maske.
Auch Agrarminister Schmidt begrüßte das geplante Verbot und verwies darauf, dass diese Wirkstoffe in Deutschland bereits verboten seien und auf sein Drängen nun auch EUweit aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Eine Darstellung, die Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik der Grünen-Bundestagsfraktion, gegenüber »nd« zurückweist. Es sei »geradezu rührend, wenn ausgerechnet Schmidt die Urheberschaft des Verbots jetzt für sich reklamiert«. Bislang habe sich der Agrarminister im Zweifel für die Pestizidhersteller eingesetzt. Nun müsse Schmidt bei einer Abstimmung für das EU-Verbot stimmen. Ebner kritisierte auch, dass Kri- tiker der industriellen Landwirtschaft nicht als Referenten eingeladen sind: »Die passen offensichtlich nicht in sein Konzept.« Auch Umweltschützer und der Deutsche Berufsimkerbund kritisierten, es sei »nicht nachvollziehbar, warum die intensive Landwirtschaft, die für den desolaten Zustand von Honigbienen und anderen Insekten maßgeblich verantwortlich ist, weitgehend ausgespart wird«.
In Slowenien – Partnerland der Konferenz – sind Neonikotinoide bereits seit 2011 verboten. »Unsere Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Angaben der Pestizidhersteller nicht der Wahrheit entsprachen«, erklärt Agrarminister Dejan Židan zu Beginn der Konferenz. Er plädiert dafür, den 20. Mai zum Weltbienentag zu erklären.
Agrarminister Schmidt setzt auf eine weitere Kampagne: »Jetzt Bienen füttern!« soll Verbraucher überzeugen, bienenfreundliche Pflanzen im Garten und auf dem Balkon auszubringen. Welche das sind, verrät eine vom Ministerium erstellte App fürs Smartphone.
»Wir beobachten momentan eine Landflucht der Imker in die Städte, weil die Versorgung ihrer Bienen dort besser ist.«