Warschaus trügerische Hoffnung auf Trump
Die Zukunft der polnischen Beziehungen mit Washington bleibt ungewiss
Warschau hat sich von dem Machtwechsel im Weißen Haus viel erhofft. Die Zukunft der polnischamerikanischen Beziehungen bleibt jedoch ungewiss. Polnische Politiker überdenken ihre bisherige Haltung zu dem neuen USPräsidenten Donald Trump. Dabei hatten viele Politiker der herrschenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) keinen Hehl aus ihrer Freude über seinen Wahlsieg gemacht. Manchen von ihnen war der »heiße Draht« nach Washington stets wertvoller als verlässliche Kontakte mit den Kollegen in Brüssel.
Trump hatte zudem den Polen während seiner Wahlkampagne auch die lang ersehnte Visumfreiheit in Aussicht gestellt, wozu sich noch kein US-Präsident durchgerungen hatte. »Ich werde mich in den ersten Wochen meiner Amtszeit damit befassen«, versprach der Politiker. Im traditionellen republikanischen Stil buhlte er in seiner Kampagne geschickt um die polnische Minderheit. Im September 2016 versicherte er in Chicago, der Hochburg der polnischen Community, im Falle der 2010 abgestürzten Regierungs-Maschine zwischen Polen und Russland vermitteln zu wollen.
Doch das Flugzeugwrack befindet sich nach wie vor in Smolensk. Denn nach der Präsidentschaftswahl zeichnete sich schnell ab, dass es Trump mit der Einlösung seiner Versprechen nicht eilig hat. Im November 2016 konnte sich Witold Waszczykowski noch ein Lächeln nicht verkneifen. »Die polnisch-amerikanischen Beziehungen waren bisher hervorragend und ich verspreche Ihnen: sie werden künftig noch besser«, sagte der polnische Chefdiplomat. Seit dem NATOGipfel in Warschau im Sommer 2016 und dem Wahlausgang im Herbst machten sich die Nationalkonservativen Hoffnung auf eine engere politische, wirtschaftliche und militärische Kooperation mit den USA.
Anfang Februar bekräftigte der präsidiale Staatssekretär Krzysztof Szczerski bei einem Treffen mit dem inzwischen entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn, dass es mit Russland momentan keine Rückkehr zur »Politik des Vertrauens« geben könne. Er warb für eine Erweiterung der Sanktionen und eine Intensivierung der Bemühungen bei der Wiederbeschaffung der abgestürzten Tu- polew. Auch erhofft sich Warschau nach dem Machtwechsel im Weißen Haus einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Nur ist in dem zuckersüßen Klima der diplomatischen Annäherung aber auch den PiS-Politikern nicht entgangen, dass das Europabild des neuen US-Präsidenten genauso ist wie er selbst: völlig rätselhaft. Unabhängig von der politischen Zugehörigkeit der vorherigen Staatsoberhäupter lag aus amerikanischer Sicht die östliche Grenze Europas bisweilen an der Oder, dann wieder an der Weichsel und – wer weiß – vielleicht künftig an der Newa. Dabei ist Polen im globalen Poker der Großmächte USA, China und Russland keine belanglose Spielkarte. Für die USA ist das osteuropäische Land ein wichtiger NATO-Partner an der östlichen EU- Grenze, für China ein attraktives »ökonomisches« Fenster nach Europa und für Russland auf vielen Ebenen ein trotziger Partner im einstigen Einflussbereich.
Die anfänglichen Sympathien der PiS für den neuen US-Präsidenten sind leicht zu erklären. Hillary Clinton hat in ihrem Wahlkampf mehrfach angedeutet, die polnische Regierungspartei verletze »demokratische Standards«. Ähnliche Bedenken äußerte Barack Obama. Trump wiederum sagt so gut wie gar nicht zu dem Thema. Das ist für den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski überaus komfortabel. Doch ist das wohl auch der einzige Vorteil, dessen die polnische Regierung gewiss sein kann. Ansonsten bleibt die Zukunft der polnisch-amerikanischen Beziehungen Kaffeesatzleserei.