Fragen & Antworten zur BGH-Entscheidung
Manche Trennungskinder pendeln wöchentlich zwischen Mama und Papa. Künftig dürfen Gerichte auf das »Wechselmodell« zwangsverpflichten, wie der Bundesgerichtshofs entschied. Wie funktioniert das »Wechselmodell«? Üblicherweise leben Kinder nach einer Trennung oder Scheidung bei einem der Elternteile. In neun von zehn Fällen ist das nach Auskunft des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) die Mutter. Für Besuche beim Vater wird dann oft ein fester Rhythmus verabredet, zum Beispiel jedes zweite Wochenende. Das nennt man »Residenzmodell«. In knapp jeder 20. Trennungsfamilie teilen sich die Ex-Partner die Betreuung dagegen nach dem »Wechselmodell« in etwa gleich auf. Das kann so aussehen, dass das Kind fest in einer Wohnung lebt und Mutter und Vater dort abwechselnd mit einziehen (»Nestmodell«). Häufiger kommt es aber vor, dass das Kind zwischen Mama und Papa pendelt. Wie sieht so etwas praktisch aus? Die Eltern stehen vor der Herausforderung, dem pendelnden Kind ein Zuhause an zwei Orten zu schaffen. Das geht ins Geld, denn es braucht zwei Kinderzimmer oder Spielecken, doppelte Ausstattung und Garderobe. Kindergarten oder Schule, Fußballverein und Musikunterricht müssen von beiden Wohnungen aus erreichbar sein. In sehr vielen Alltagsfragen ist Abstimmung nötig: Was für Hausaufgaben sind zu erledigen? Für welche Prüfungen muss gelernt werden? Steht ein Arzttermin an? »Die Eltern müssen gut kommunizieren und kooperieren können«, sagt VAMV-Bundesgeschäftsführerin Miriam Hoheisel. Selbst dann komme längst nicht jedes Kind mit dem Hin und Her klar. Weshalb hatte der BGH mit dem »Wechselmodell« zu tun? Wenn die Ex-Partner sich nicht im Guten darauf verständigen können, wer in Zukunft wie viel Zeit mit dem Kind verbringt, muss am Ende oft ein Gericht entscheiden. In einem Fall aus Bayern hatten die Eltern zunächst vereinbart, dass der heute 13-jährige Sohn bei der Mutter lebt und den Vater alle 14 Tage übers Wochenende besucht. Damit wollte sich der Mann aber nicht abfinden. Er versuchte durchzusetzen, dass sein Sohn jeden zweiten Montag nach Schulschluss für eine ganze Woche zu ihm zieht. In erster und zweiter Instanz konnte er sich damit nicht durchsetzen. Also legte er Revision beim BGH in Karlsruhe ein. Der sprach sich für das »Wechselmodell« aus und verwies den Fall zurück an die erste Instanz in Nürnberg, das in diesem Zusammenhang über das Kindeswohl entscheiden muss. Denn entscheidender Maßstab für die Regelung des Umgangs ist das Kindeswohl. Was bedeutet die Entscheidung für Eltern? Prinzipiell bekommen Mütter und Väter damit die Möglichkeit, das »Wechselmodell« vor Gericht gegen den Ex-Partner durchzusetzen. Experten verweisen allerdings darauf, dass man sich nur schwer vorstellen könne, wie Eltern, die schon in der Grundfrage uneins sind, sich so weit zusammenraufen sollen, dass sie die komplizierte Umsetzung gut bewältigen können. dpa/nd