Muttermilch: Kambodscha stoppt Export
Kritik an Ausbeutung der Frauen durch US-Kunden
Als Produktionsland war Kambodscha bisher eher bekannt für seine Textilien. Doch nach dem Willen einer US-amerikanischen Firma soll der südostasiatische Staat bald noch ein anderes Produkt im großen Stil exportieren: Muttermilch.
In einem Slum der Hauptstadt Phnom Penh hatte das Unternehmen Ambrosia Labs bereits seit Monaten überschüssige Muttermilch von Kambodschanerinnen gekauft, um sie in den USA zu vertreiben. Dem hat Kambodschas Regierung nun ein Ende gesetzt. Aus dem Land darf keine Muttermilch mehr exportiert werden. »Sicherlich ist Kambodscha arm und hat Schwierigkeiten, aber nicht so sehr, dass es Muttermilch seiner Mütter verkaufen muss«, heißt es in dem Schreiben von Regierungschef Hun Sen. Bereits vor einer Woche hatte die Regierung den Export vorläufig ausgesetzt.
Schon seit Jahren nutzen Paare mit Fortpflanzungsproblemen aus reichen Industriestaaten aus, dass Leihmütter in Schwellenländern für ein relativ geringes Honorar deren Kinder austragen. Nach dem Wusch der im US-Bundesstaat Utah ansässigen Firma Ambrosia Labs sollten Frauen aus ärmeren Staaten so etwas wie die Ammen der Moderne werden – zum Nutzen aller Beteiligten, wie die Firma verspricht. Die Globalisierung hat die Muttermilch erreicht.
Klar ist: Der Bedarf an Muttermilch ist größer als das Angebot. Manche Mütter können aus medizinischen Gründen ihren Kindern nicht die Brust geben, andere wollen nicht stillen. Weil Muttermilch jedoch als sehr gesund gilt, hat sich in den USA zwischen Privatpersonen bereits einen reger Onlinehandel entwickelt, zum Beispiel über die Börse »Only the Breast«. Dort verlangen Frauen für ihre Muttermilch bis zu drei US-Dollar für 30 Milliliter (2,80 Euro).
In den USA sind neben NonProfit-Milchbanken mittlerweile aber auch mehrere Firmen auf dem Markt. Sie kaufen den Frauen die Muttermilch ab, testen und verarbeiten sie und verkaufen sie schließlich weiter. Indem Ambrosia Labs seine Milch aus Kambodscha bezieht, hat die Firma einen Kostenvorteil: In Amerika bekommen Mütter, die an einen kommerziellen Anbieter spenden, etwa fünf Dollar für 150 Milliliter Milch, die Frauen in Kambodscha dagegen nur rund 3,20 Dollar. Nach dem Transport, Tests und Pasteurisierung verkauft Ambrosia Labs die Milch schließlich in den USA für 20 Dollar pro 150 Milliliter.
Was die Firma als fortschrittliche Entwicklungshilfe sieht, ist für die Gegner Ausbeutung. »Muttermilchbanken sollten nicht für kommerzielle Zwecke verletzliche und arme Kambodschanerinnen ausbeuten«, begrüßte eine UNICEF-Sprecherin das Verbot. Da viele Babys in Kambodscha mangelernährt seien, müsse überschüssige Muttermilch im Land bleiben.
Das Unternehmen verteidigt sich gegen die Vorwürfe. Man habe bereits 90 Frauen finanziell geholfen und ihnen ermöglicht, bei ihren kleinen Kindern zu bleiben, anstatt arbeiten gehen zu müssen. Muttermilch zu verkaufen beschere ihnen zudem ein deutlich höheres Einkommen als andere Jobs. Die Frauen sagen, sie könnten bis zu zehn Dollar pro Tag durch den Verkauf ihrer Milch verdienen. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei etwas über drei US-Dollar pro Tag.
Ambrosia Labs sieht auch keine Gefahr, dass die Kinder der Kambodschanerinnen zu kurz kommen: Man arbeite nur mit Müttern zusammen, deren Kinder älter als sechs Monate seien, so das Unternehmen. »Wir erklären unseren Spenderinnen genau, wie wichtig es ist, dass die Bedürfnisse ihrer Kinder zuerst gestillt werden.«