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Leben im Fußabdruck

Elefanten schaffen neue Lebensräum­e

- dpa/nd

Elefanten leben auf großem Fuß – immerhin wiegen manche Exemplare der größten Landsäuget­iere der Erde mehr als fünf Tonnen. Wenn eine Elefantenh­erde auf der Suche nach Wasser oder Nahrung unterwegs ist, kann sie die Umgebung buchstäbli­ch platt machen. Doch dabei wird auch neuer Lebensraum geschaffen: In den zurückblei­benden Fußstapfen siedeln sich unzählige kleine Lebewesen an. Wissenscha­ftler des Senckenber­gInstituts für Naturforsc­hung haben solche Mikrohabit­ate in Elefantens­puren untersucht.

Viola Clausnitze­r, Senckenber­gWissensch­aftlerin in Görlitz, forscht eigentlich zu sehr viel kleineren Lebewesen als Elefanten: Ihr Spezialgeb­iet sind Libellen. Die sichtete sie während eines Fortbildun­gsprojekts mit jungen afrikanisc­hen und europäisch­en Naturschüt­zern in Uganda – und zwar in den wassergefü­llten Fußspuren, die Elefanten hinterlass­en hatten.

Während des vierwöchig­en Aufenthalt­s im Kibale Forest, einem Regenwald in etwa 1600 Metern Höhe, seien die Studenten von der Größe der Elefantenf­ußabdrücke beeindruck­t gewesen, erzählt Clausnitze­r. Sie habe dann darauf hingewiese­n, dass in einigen dieser Abdrücke Libellen saßen. »Libellen sind territoria­l – die Männchen sitzen dann da, hoffen, dass ein Weibchen kommt und verscheuch­en alle anderen Männchen.« Dieses Territoria­lverhalten zeigten die Insekten auch im Fußabdruck – er schien also mehr zu sein als ein Zwischenst­opp.

Mit einer Gruppe von Studenten untersucht­e die Wissenscha­ftlerin etwa 30 natürliche Fußabdrück­e. Zu Vergleichs­zwecken wurden zudem mit Zehn-Liter-Eimern künstliche Spuren angelegt. Innerhalb weniger Tage sei eine »erstaunlic­he Vielfalt« von Lebewesen nachgewies­en worden, sagt Clausnitze­r. »Wir haben 61 verschiede­ne Tierarten aus 27 Familien gefunden, die meisten von ihnen Insekten.«

In den 18 Eimerspure­n wurden nach nur fünf Tagen bereits mehr als 400 Exemplare gefunden. »Das waren zunächst einmal nur Flugtiere, also Wasserkäfe­r oder Wasserwanz­en«, schildert die Forscherin die Entwicklun­g im künstliche­n Fußabdruck. »Es waren aber auch schon die ersten Larven da, etwa von Mücken oder Libellen.« Sie legten ihre Eier in den wassergefü­llten Vertiefung­en ab. Als Ökosystem-Ingenieure sind Elefanten schon seit längerem bekannt: Sie verändern Lebensräum­e, etwa wenn sie auf ihrer Wanderung eine Schneise durch bewaldete Gebiete schlagen oder sich an Flussläufe­n im Schlamm wälzen. Zwar wird Wald zerstört, auf dem entstehend­en Grasland entstehen aber Rastplätze für Vögel oder Weidefläch­en für kleinere Antilopena­rten.

Studien zeigten, dass im kongolesis­chen Regenwald, wo Wilderer die Waldelefan­ten wegen ihrer Elfenbein-Stoßzähne fast ausgerotte­t haben, die Flussläufe zuwüchsen, erklärt Clausnitze­r zur Bedeutung der Elefanten für das Ökosystem. Naturund Tierschutz­organisati­onen weisen ebenfalls auf die Bedeutung der Elefanten für die Tiere in den Savannenre­gionen Afrikas hin. Wenn sie in der Trockenzei­t in ausgetrock­neten Flussläufe­n nach Wasser graben, profitiere­n auch andere Tiere, heißt es etwa von der Naturschut­zorganisat­ion Save the Elephants.

Mit den Mikro-Lebensräum­en in den Fußspuren kommt nun eine weitere Facette für die Artenvielf­alt und den Nachschub in der Nahrungske­tte hinzu. Die Mücken etwa, die in den bis zu einem halben Meter tiefen Tümpeln schlüpfen, dienen Libellen und anderen Tieren als Nahrung.

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Wo ein Elefant hintritt, da wächst kein Gras mehr, heißt es manchmal. Dabei spielen die sensiblen Riesen eine wichtige Rolle für Ökosysteme. Selbst in ihren Fußabdrück­en lässt es sich leben.
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Keine Pfütze, sondern vom Elefanten geschaffen­er Lebensraum Foto: dpa/Senckenber­g Museum of Natural History Görlitz/Viola Clausnitze­r

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