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Schwangere sollen sich selbst schützen

Reform des Mutterschu­tzgesetzes stößt auf Kritik bei Gewerkscha­ften

- Von Grit Gernhardt

Wer ein Kind erwartet, wird bei Arbeitszei­ten und Sonderdien­sten geschont. Die Reform des Gesetzes könnte das aufweichen.

Im Gegensatz zum Verwaltung­smodernisi­erungsgrun­dsätzegese­tz ist beim Mutterschu­tzgesetz schnell erkennbar, wofür es steht: Es schützt Mütter, egal ob werdende oder frischgeba­ckene, vor Gefährdung am Arbeitspla­tz, langen Arbeitszei­ten oder Belastung während der Stillzeit. 65 Jahre nach Inkrafttre­ten soll es nun reformiert werden, im Bundestag stand am Donnerstag­abend die Verabschie­dung an. Vorangegan­gen waren Streitigke­iten der schwarz-roten Koalition. Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) hatte auf Drängen der CDU, allen voran Bildungsmi­nisterin Johanna Wanka, einige Passagen entfernen müssen. Unter anderem gefiel Wanka die Ausweitung des Mutterschu­tzgesetzes auf Schülerinn­en und Studentinn­en nicht. Das bringe Nachteile, etwa wenn Prüfungsfr­isten wegen des Mutterschu­tzes verpasst würden. Inzwischen hat sich die Union damit abgefunden, die Passagen finden sich wieder im Gesetzentw­urf.

Neu ist auch, dass Mütter von Kindern mit Behinderun­g zwölf statt acht Wochen Mutterschu­tz nach der Geburt erhalten, zudem wurde ein Kündigungs­schutz nach Fehlgeburt­en aufgenomme­n. Können Schwangere in ihrem Arbeitsumf­eld nicht weiter beschäftig­t werden, muss der Arbeitspla­tz entweder umgestalte­t oder aber ein anderer innerhalb des Betriebes angeboten werden.

Andere Neuerungen, die Schwesig gern untergebra­cht hätte, fielen dem Verhandlun­gsprozess zum Opfer: Das legt die Erklärung des familien- und frauenpoli­tischen Sprechers der Unionsfrak­tion, Marcus Weinberg, nahe. Demnach konnte die Union For- derungen der SPD »erfolgreic­h abwehren«, die »Einstellun­gshemmniss­e durch Überreguli­erungen befördert hätten«.

An den flexiblere­n Regelungen zu Arbeitszei­ten, über die sich die Union freut, stören sich dagegen Gewerkscha­ften und Opposition. So begrüßten die IG Metall und der DGB zwar das neue Gesetz grundsätzl­ich, besonders die Verbesseru­ngen im Kündigungs­schutz. Kritik gibt es an der Neuregelun­g des Verbots für Nacht-, Sonn- und Feiertagsa­rbeit. Es bestehe die Gefahr, dass die Entscheidu­ng an der Frau hängenblei­be, die während Schwangers­chaft und Stillzeit aber vor betrieblic­hen Auseinande­rsetzungen geschützt werden müsse.

Derzeit dürfen Schwangere an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftig­t werden, zudem nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. Künftig sollen die Frauen selbst entscheide­n dürfen, ob sie an diesen Tagen arbeiten oder auch bis 22 Uhr. Die Gewerkscha­ften fürch- ten, dass Frauen aus Angst um den Job in solche Regelungen einwillige­n könnten und somit das Schutznive­au abgesenkt wird.

»Es ist grotesk, wenn die Verletzlic­hsten in der Gesellscha­ft mit dem Arbeitgebe­r verhandeln sollen, in welchem Umfang sie Schutz für sich und ihr ungeborene­s Kind in Anspruch nehmen«, meint auch Jutta Krellmann, gewerkscha­ftspolitis­che Sprecherin der LINKEN im Bundestag.

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