Ehemuffel von der Union
Die von der SPD geforderte Ehe für alle scheitert im Koalitionsausschuss am Widerstand von CDU und CSU
Längst gibt es auch in den Reihen der Union Befürworter der Gleichstellung von homosexuellen Paaren. Gegen die Ehe für alle stemmen sich CDU/CSU dennoch. In vielen Bereichen hat sich die CDU in den letzten Jahren modernisiert, sich den Realitäten und dem Zeitgeist angepasst. Doch bei der Gleichstellung von Homosexuellen tut sich die Union schwer. Das zeigte sich auch beim Koalitionsgipfel. Die Union sperrte sich vehement gegen die von der SPD geforderte Ehe für alle. Im entsprechenden Gesetzentwurf aus der SPD-Bundestagsfraktion heißt es: »Künftig soll die Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren offenstehen.« Das liest sich wie eine fol- gerichtige Umsetzung des Koalitionsvertrages aus dem Jahre 2013. Darin versprechen beide Seiten: »Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen.«
Doch die Union will den letzten Schritt nicht gehen und verweist stattdessen immer wieder auf bereits Erreichtes: Tatsächlich hat auch die Union in den letzten Jahren zahlreiche Erleichterungen für gleichgeschlechtliche Paare mitgetragen, auch wenn das Bundesverfassungsgericht diese zuvor einfordern musste. Mittlerweile sind schwul-lesbische Partnerschaften etwa beim Ehegattensplitting, der Hinterbliebenenversorgung oder der Erbschaftssteuer weitgehend gleichgestellt. Aber an den heiligen Bund der Ehe traut man sich nicht ran. Wohl auch aus Rücksicht auf die Fundamentalisten in den eigenen Reihen.
CDU-Fraktionschef Volker Kauder hatte bereits vor dem Treffen der Koalitionsspitzen klargestellt: »Wir werden dieses Ansinnen der SPD natürlich nicht jetzt kurz vor Abschluss dieser Legislaturperiode machen.« Für ihn und viele in seiner Fraktion sei die Ehe die Verbindung von Frau und Mann.
Das sehen aber nicht alle in der Fraktion so. Der Berliner CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak hat sich mehrfach für eine Freigabe der Ehe ausgesprochen: Wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollten, »dann sollten wir das anerkennen, ganz unabhängig vom Geschlecht. Deshalb werbe ich in der CDU für eine Öffnung der Ehe«, so Luczak. Allerdings hatte sich sein Berliner Landesverband im Juli 2015 gegen die Homo-Ehe ausgesprochen.
Auch der CDU-Haushaltsexperte Jens Spahn gilt als Befürworter der Ehe für alle. In einem Interview mit der »Welt« hatte das CDU-Präsidiumsmitglied seine Position klar gemacht: »Die Schwulen und Lesben möchten genau das, was uns als CDU wichtig ist: Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. Es ist eine Wertedebatte und die sollten wir mutig und selbstbewusst führen.« Spahn machte in dem Interview auch deutlich, dass es in der Debatte um mehr geht als um Eheschließungen für lesbische und schwule Paare. »Es geht um die Anschlussfähigkeit der CDU an eine moderne bürgerliche Gesellschaft«, unterstrich Spahn. Somit verschreckt die Union nicht nur einen Teil ihrer po- tenziellen Wählerschaft, sie liefert zudem der SPD ein dankbares Wahlkampfthema.
Die Sozialdemokraten hatten die Homo-Ehe überraschend auf die Agenda des Koalitionsgipfels gesetzt, um die Union vorzuführen. Der neue SPD-Chef Martin Schulz hatte bereits angekündigt, mit dem Versprechen der Ehe für alle in den Wahlkampf ziehen zu wollen.
Unionsfraktionschef Kauder sagte denn auch am Dienstag mit Blick auf den SPD-Vorstoß: Offensichtlich sei dies ein Versuch, Wahlkampf zu betreiben. »Nach dem letzten Wochenende kann ich dazu nur sagen: Dann auf, macht damit Wahlkampf«, sagte Kauder in Anspielung auf die Saarland-Wahl. Doch auch die CDU wird sich wohl bald den gesellschaftlichen Realitäten fügen müssen.