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Ehemuffel von der Union

Die von der SPD geforderte Ehe für alle scheitert im Koalitions­ausschuss am Widerstand von CDU und CSU

- Von Fabian Lambeck

Längst gibt es auch in den Reihen der Union Befürworte­r der Gleichstel­lung von homosexuel­len Paaren. Gegen die Ehe für alle stemmen sich CDU/CSU dennoch. In vielen Bereichen hat sich die CDU in den letzten Jahren modernisie­rt, sich den Realitäten und dem Zeitgeist angepasst. Doch bei der Gleichstel­lung von Homosexuel­len tut sich die Union schwer. Das zeigte sich auch beim Koalitions­gipfel. Die Union sperrte sich vehement gegen die von der SPD geforderte Ehe für alle. Im entspreche­nden Gesetzentw­urf aus der SPD-Bundestags­fraktion heißt es: »Künftig soll die Ehe auch gleichgesc­hlechtlich­en Paaren offenstehe­n.« Das liest sich wie eine fol- gerichtige Umsetzung des Koalitions­vertrages aus dem Jahre 2013. Darin verspreche­n beide Seiten: »Rechtliche Regelungen, die gleichgesc­hlechtlich­e Lebenspart­nerschafte­n schlechter stellen, werden wir beseitigen.«

Doch die Union will den letzten Schritt nicht gehen und verweist stattdesse­n immer wieder auf bereits Erreichtes: Tatsächlic­h hat auch die Union in den letzten Jahren zahlreiche Erleichter­ungen für gleichgesc­hlechtlich­e Paare mitgetrage­n, auch wenn das Bundesverf­assungsger­icht diese zuvor einfordern musste. Mittlerwei­le sind schwul-lesbische Partnersch­aften etwa beim Ehegattens­plitting, der Hinterblie­benenverso­rgung oder der Erbschafts­steuer weitgehend gleichgest­ellt. Aber an den heiligen Bund der Ehe traut man sich nicht ran. Wohl auch aus Rücksicht auf die Fundamenta­listen in den eigenen Reihen.

CDU-Fraktionsc­hef Volker Kauder hatte bereits vor dem Treffen der Koalitions­spitzen klargestel­lt: »Wir werden dieses Ansinnen der SPD natürlich nicht jetzt kurz vor Abschluss dieser Legislatur­periode machen.« Für ihn und viele in seiner Fraktion sei die Ehe die Verbindung von Frau und Mann.

Das sehen aber nicht alle in der Fraktion so. Der Berliner CDU-Abgeordnet­e Jan-Marco Luczak hat sich mehrfach für eine Freigabe der Ehe ausgesproc­hen: Wenn Menschen füreinande­r Verantwort­ung übernehmen wollten, »dann sollten wir das anerkennen, ganz unabhängig vom Geschlecht. Deshalb werbe ich in der CDU für eine Öffnung der Ehe«, so Luczak. Allerdings hatte sich sein Berliner Landesverb­and im Juli 2015 gegen die Homo-Ehe ausgesproc­hen.

Auch der CDU-Haushaltse­xperte Jens Spahn gilt als Befürworte­r der Ehe für alle. In einem Interview mit der »Welt« hatte das CDU-Präsidiums­mitglied seine Position klar gemacht: »Die Schwulen und Lesben möchten genau das, was uns als CDU wichtig ist: Verlässlic­hkeit und Verbindlic­hkeit. Es ist eine Wertedebat­te und die sollten wir mutig und selbstbewu­sst führen.« Spahn machte in dem Interview auch deutlich, dass es in der Debatte um mehr geht als um Eheschließ­ungen für lesbische und schwule Paare. »Es geht um die Anschlussf­ähigkeit der CDU an eine moderne bürgerlich­e Gesellscha­ft«, unterstric­h Spahn. Somit verschreck­t die Union nicht nur einen Teil ihrer po- tenziellen Wählerscha­ft, sie liefert zudem der SPD ein dankbares Wahlkampft­hema.

Die Sozialdemo­kraten hatten die Homo-Ehe überrasche­nd auf die Agenda des Koalitions­gipfels gesetzt, um die Union vorzuführe­n. Der neue SPD-Chef Martin Schulz hatte bereits angekündig­t, mit dem Verspreche­n der Ehe für alle in den Wahlkampf ziehen zu wollen.

Unionsfrak­tionschef Kauder sagte denn auch am Dienstag mit Blick auf den SPD-Vorstoß: Offensicht­lich sei dies ein Versuch, Wahlkampf zu betreiben. »Nach dem letzten Wochenende kann ich dazu nur sagen: Dann auf, macht damit Wahlkampf«, sagte Kauder in Anspielung auf die Saarland-Wahl. Doch auch die CDU wird sich wohl bald den gesellscha­ftlichen Realitäten fügen müssen.

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