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»Zeitenwend­e« bei der LINKEN

BAG Hartz IV skeptisch gegegenübe­r Schulz’ Plänen

- Von Hendrik Lasch

Der Slogan war unmissvers­tändlich: »Hartz IV muss weg!«, stand im Herbst 2004 auf Plakaten, mit denen die PDS um Wähler warb. Es war eine Klarheit, wie sie Elke Reinke in späteren Jahren bei ihrer Partei vermisste. Die SachsenAnh­alterin gehörte in Aschersleb­en zu den Gesichtern des Protestes gegen die Agenda 2010; die PDS schickte sie in den Bundestag. Als diese zur LINKEN geworden war, seien sozialpoli­tische Forderunge­n aber »aufgeweich­t« worden, hieß es in einem Papier der Bundesarbe­itsgemeins­chaft (BAG) Hartz IV, deren Sprecherin Reinke ist: Erst »perspektiv­isch« oder »mittelfris­tig« solle es eine Mindestsic­herung geben, stand in den Programmen 2009 und 2013.

Den Entwurf für das Wahlprogra­mm 2017 sieht die BAG nun als »Zeitenwend­e« an. Er fordert eine Mindestsic­herung in Höhe von 1050 Euro »ohne Sanktionen und Kürzungsmö­glichkeite­n«. So werde »konsequent mit der Hartz-Logik gebrochen« und das Korsett aus Regelsatz und Kosten der Unterkunft gelockert. »Ich bin sehr froh, dass das so drin steht, und hoffe sehr, dass es auch so bleibt«, sagt Reinke. Der Entwurf dürfe in dem Punkt »nicht aufgeweich­t werden«, forderte die BAG. »Aus Kreisen der Bundestags­fraktion hört man, dass das geplant ist.«

Ob sich die Forderung in einer denkbaren Regierung mit der SPD umsetzen ließe – daran hat Reinke freilich Zweifel. Das werde »eine schwierige Kiste«, hatte sie bereits vor einigen Wochen bei einer der Regionalko­nferenzen zum Wahlprogra­mm eingeräumt. Zwar war das, bevor Martin Schulz als Kanzlerkan­didat Korrekture­n bei der Agenda 2010 andeutete. Optimistis­cher haben Reinke dessen Äußerungen aber nicht gestimmt. »Meine Euphorie«, sagt sie, »hält sich in Grenzen.«

Gradmesser ist aus ihrer Sicht, ob die Sanktionen beim Arbeitslos­engeld II aufgegeben werden. Sie sehen vor, dass Leistungen gestrichen werden können, wenn die Arbeitsage­ntur bestimmte Bedingunge­n nicht erfüllt sieht. Die von der LINKEN geplante Grundsiche­rung verzichtet auf derlei Bestrafung­en. Dass sie unveränder­t Eingang in einen möglichen Koalitions­vertrag findet, glaubt Reinke nicht: »Wir werden Kompromiss­e eingehen müssen.« Sollte die SPD das Thema Sanktionen indes generell ausklammer­n, müsse sich die LINKE einem Bündnis verweigern, meint Reinke: »Hinter diese Forderung können wir nun wirklich nicht mehr zurück.« Die BAG betonte in einem Beschluss im November, es stünde in »krassem Widerspruc­h« zum Gründungsk­onsens der Partei, wenn diese in eine Regierung ginge, ohne die Abschaffun­g von Hartz IV »in der laufenden Legislatur« zu fixieren.

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