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17 Angriffe aufs Kirchenasy­l

Evangelisc­he Landeskirc­he in Bayern beklagt Ermittlung­en gegen Pfarrer

- Sot

Obwohl es eine Verständig­ung zwischen dem Bundesinne­nministeri­um und den Kirchen gibt, häufen sich vor allem in Bayern die Ermittlung­en gegen Pfarrer, die Flüchtling­e in ihre Obhut nehmen. Coburg. Zwar hat die Staatsanwa­ltschaft Bamberg jüngst ihre Ermittlung­en gegen die Haßfurter Pfarrerin Doris Otminghaus gestoppt, die mehreren Flüchtling­en Kirchenasy­l gewährt, von einer Entspannun­g der Situation kann aus Sicht der bayerische­n evangelisc­hen Landeskirc­he aber nicht die Rede sein. Sie zeigt sich besorgt über fortlaufen­de Ermittlung­en gegen Pfarrer, die wie Otminghaus Asylbewerb­er aufnehmen. Inzwischen würden sogar Ermittlung­en »in ganz alten Fällen« eingeleite­t, sagte der zuständige Oberkirche­nrat Michael Martin am Mittwochab­end vor der in Coburg tagenden Landessyno­de. Als Beispiel nannte er einen Fall, der be- reits vor Monaten mit dem Flüchtling­sbundesamt gelöst worden sei.

Martin hält die Einleitung solcher Ermittlung­sverfahren unverhältn­ismäßig. Die Fälle seien schon lange bekannt und zunächst kein Anlass für ein Vorgehen der Behörden gewesen. Derzeit wisse die bayerische Landeskirc­he von 17 Ermittlung­sverfahren, die Zahl dürfte aber inzwischen höher liegen, erklärte der Oberkirche­nrat.

Rechtlich angreifbar ist das Vorgehen der Ermittlung­sbehörden nicht, das Kirchenasy­l befindet sich in einer juristisch­en Grauzone. Der bayerische Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) bewertet die jüngsten Ermittlung­en nicht als »Verschärfu­ng der strafrecht­lichen Verfolgung des Kirchenasy­ls«. Aber die Gewährung von Kirchenasy­l sei in der Regel eine strafbare Beihilfe zum unerlaubte­n Aufenthalt, stellte er klar. »Und die müssen unsere Staatsanwä­lte verfolgen.«

Die ökumenisch­e Bundesarbe­itsgemeins­chaft (BAG) »Asyl in der Kirche« bewertet das Vorgehen jedoch anders. Sie sieht in dem Vorgehen eine »Kriminalis­ierung von Menschen, die gewaltfrei dafür eintreten, Menschenre­chte zu achten und Leben zu schützen«. Die Ermittlung­en wirkten wie »ein Einschücht­erungsvers­uch«, sagte die Vorstandsv­orsitzende Dietlind Jochims unlängst.

Derzeit gibt es nach Angaben der BAG 316 Kirchenasy­le mit 531 Personen in Deutschlan­d, darunter seien 141 Kinder. Kirchenasy­l wird laut Martin nur in humanitäre­n Ausnahmefä­llen gewährt, sei also »Ultima Ratio«. Die evangelisc­he Landeskirc­he melde Kirchenasy­le umgehend den zuständige­n Ausländerb­ehörden und dem Flüchtling­sbundesamt – wie dies eine Absprache zwischen dem Bundesinne­nministeri­um und den Kirchen vorsieht. Geheime Kirchenasy­le lehne sie ab.

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