Die Versöhnungsgeste verweigert
Gipfel der Arabischen Liga in Zeiten der Kriege in vielen Mitgliedsländern ohne sichtbaren Fortschritt
Im Zeichen zahlreicher Konflikte in der arabischen Welt haben sich 22 Staats- und Regierungschefs von Mitgliedern der Arabischen Liga in der jordanischen Hauptstadt Amman getroffen. »Und wenn irgendeiner der Ungläubigen euren Schutz sucht, dann gewähre ihm den Schutz, so dass er das Wort Gottes hören möge. Und dann begleite ihn dorthin, wo er sicher ist.« (Koran, Sure 9 Al-Tawbah – die Reue)
Offenbar unter dem Eindruck seines Besuchs im Flüchtlingslager Zaatari an der jordanisch-syrischen Grenze am Dienstag erinnerte UNGeneralsekretär Antonio Guterres einen Tag später beim Arabischen Gipfeltreffen in Amman) mit jener Koransure an die »Tradition der Arabischen Halbinsel«, die einst nicht nur muslimischen, sondern allen Schutzsuchenden einen Ruheraum bot.
Tatsächlich haben die meisten der Golfstaaten und allen voran das Schwergewicht Saudi-Arabien diese Tradition zugunsten einer massiven Abschottungspolitik gegenüber Schutzsuchenden – Palästinensern, Irakern und Syrern – zurückgestellt. Nur wer politisch oder wirtschaftlich nützlich ist, kann mit Aufnahme in den arabischen Golfstaaten rechnen. Die meisten arabischen Flüchtlinge finden Aufnahme in Jordanien, Libanon, Irak und Ägypten.
Die 22 Staatschefs der Arabischen Liga wurden bei ihrem mehrtägigen Gipfeltreffen in Amman vom UN-Generalsekretär daran erinnert, dass ihr Treffen in einem »Augenblick tiefer Angst« stattfinde. Überall in der Region gäbe es »Konflikte und Vertreibung.« Zu viele Menschen seien in der Falle derjenigen gefangen, »die die abscheulichen Taten von Daesch« (arabisches Kürzel für »Islamischer Staat«) und Al Qaida »als islamisch« beschrieben, während sie doch in Wahrheit den Glauben total missachteten. »Tatsächlich sind Muslime die Hauptopfer«, so Guterres.
Die Uneinigkeit in der arabischen Welt habe »die Tür für ausländische Intervention und Manipulation, Unsicherheit, konfessionellen Streit und Terrorismus« geöffnet. Die »Zeit des Übergangs und Aufruhrs« erfordere aber Einheit. Zwei Drittel der arabischen Bevölkerung seien jünger als 30 Jahre und würden die kommenden Jahrzehnte prägen. »Das erfordert massive Investitionen in Ausbildung und (wirtschaftlicher) Teilhabe.« Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit müsse absolute Priorität haben: »Sowohl für die Entwicklung als auch für die Sicherheit.« Die Vereinten Nationen und er persönlich seien bereit zur Zusammenarbeit, um Abwehrkräfte zu stärken, Frieden zu erhalten und eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.
Neben der Lage der Flüchtlinge, Jemen, Libyen, Irak, einem Appell, das Leid der Palästinenser zu beenden und den arabischen Friedensplan für die Zwei-Staaten-Lösung in Israel/Palästina zu reaktivieren, legte der UN-Generalsekretär einen Schwerpunkt seiner Rede auf Syrien. Es sei »Zeit, den Kampf zu beenden«. Dafür unterstütze er den Astana-Prozess und die Gespräche in Genf.
Syrien ist seit 2011 nicht mehr bei den Treffen der Arabischen Liga vertreten, seit Katar und Saudi-Arabien auf den Ausschluss des Landes gedrängt hatten. Der jordanische König Abdullah II. strebt in Absprache mit Irak, Oman und Ägypten die Aufhebung der Strafmaßnahmen gegen Syrien an. Sein Engagement ist nicht zuletzt der Einsicht geschuldet, dass Jordanien nicht nur durch Hunderttausende syrischer Flüchtlinge in eine schwierige wirtschaftliche Lage geraten ist. Als Nachbarland von Syrien, Irak und Saudi-Arabien ist Jordanien auch zum Transit- und Hinterland islamistischer Kämpfer geworden. Das hat das Land nicht zuletzt den »Freunden Syriens« – eine Allianz aus westeuropäischen Staaten und Golfmonarchien, der Türkei und den USA – zu verdanken. Seit 2011 nutzten sie Amman als Drehscheibe für den illegalen Transport von Geld, Kämpfern und Waffen an die Milizen in Syrien.
Um die vielen Unsicherheitsfaktoren zu korrigieren und den Konflikt in und um Syrien zu entschärfen, wollte Abdullah II. nun Syriens Präsidenten Baschar al-Assad nach Amman einladen, um mit einem symbolischen Handschlag zwischen ihm und dem saudischen König Salman einen Richtungswechsel zu demonstrieren. Doch Saudi-Arabien, das mit Katar zu den wichtigsten Unterstützern der islamistischen Milizen in Syrien gehört, spielte nicht mit.