Ankara befiehlt: Kehrt
Türkei erklärt Militäreinsatz in Syrien für beendet
Die Türkei hat am Mittwochabend ihren seit dem Vorjahr dauernden Militäreinsatz im Norden Syriens für beendet erklärt. Die Erklärung des Nationalen Sicherheitsrates über die Beendigung der Mission »Euphrat-Schild« in Syrien am Mittwochabend kam für viele etwas überraschend. Zwar steckte man in Syrien nach der Vertreibung des Islamischen Staats (IS) aus El-Bab ein wenig in Erklärungsnot. Eine international akzeptierte Begründung für die Intervention hatte man danach nicht mehr, weil die Invasionstruppen an keiner Seite mehr IS-Kräften gegenüberstanden. Dafür hatte Ankara mehrfach bekräftigt, dass es darum gehe, die Kurden in Syrien wenigstens vom rechten Euphratufer zu vertreiben. Zuletzt hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan persönlich erklärt, er habe den Befehl gegeben, die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten gehaltene Stadt Manbidsch zu erobern.
Dazu kam es jedoch nicht. Verhindert hat die Eroberung von Manbidsch durch Erdogans Armee wohl das demonstrative Auftauchen russischer und US-amerikanischer Truppen in dem von Kurden kontrollierten Gebiet um Manbidsch. Doch hätte man diesen politischen Rückschlag zweieinhalb Wochen vor einem Referendum zugeben müssen?
Vielleicht sollte man es andersherum betrachten. Gerade das Refe- rendum könnte ein Grund für die offizielle Absage der Fortsetzung von Euphrat-Schild sein. Die türkische Kolumnistin Asli Aydintasbas meint, das Regierungslager habe bei seiner Referendumskampagne bisher vor allem einen Fehler gemacht: Es habe die Kurden vergessen.
Sie meint damit nicht jene linksorientierten Kurden, die etwa die Demokratische Partei der Völker (HDP) unterstützen. Diese seien für Erdogan ohnehin verloren, sondern die religiös-konservativen Kurden, von denen viele die regierende Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung wählen. Doch auch diesen geht die Inhaftierung kurdischer HDP-Abgeordnete zu weit. Und dann noch der Krieg gegen die Kurden in Syrien. Da ist es kein schlechter Schachzug, diesen Krieg drei Tage vor einem Auftritt von Präsident Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim in der Kurdenmetropole Diyarbakir auszusetzen.
Etwa 70 Tote hat die türkische Armee in Syrien zurückgelassen. Dafür hat man des IS weit von der Grenze zurückgedrängt. Vor allem ist es der Türkei gelungen, einen Zusammenschluss der drei kurdischen Kantone an ihrer Grenze zu verhindern. Ca. 2000 Quadratkilometer, gut ein Prozent der Fläche Syriens, werden nun von der Türkei kontrolliert. Dafür wurde eine aus Syrern bestehende Truppe ausgebildet. Es sieht nicht aus, als wolle sich Ankara endgültig zurückziehen. Man behält einen Fuß in der syrischen Tür, aber auch in den Problemen Syriens.