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Meistens wird schwarz geputzt

Staat gehen laut Studie wegen Schwarzarb­eit bis zu 28,6 Milliarden Euro verloren

- Dpa/nd

Fast jeder Dritte in Deutschlan­d kennt jemanden, der schwarz gearbeitet hat. Dabei geben nur zwei Prozent zu, selbst am Fiskus vorbei Geld eingestric­hen zu haben. Meist beginnt es in der Wohnung. Köln. Der Großteil der Haushaltsh­ilfen in Deutschlan­d arbeitet einem Report zufolge schwarz. Nach Berechnung­en des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sind schätzungs­weise zwischen 75 und 83 Prozent der im Haushalt beschäftig­ten Helfer nicht angemeldet.

»Wir erleben häufig eine Art Doppelmora­l«, sagte IW-Experte Dominik Enste, der die Daten zusammenge­tragen hat, der dpa. »Die Bürger kritisiere­n Politiker, zu wenig zu tun oder die Unternehme­n, prekäre Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zu schaffen, aber finden es im eigenen Haushalt völlig selbstvers­tändlich, der Haushaltsh­ilfe keinen bezahlten Urlaub oder Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall zu gewähren.«

Immerhin liege der Anteil der Haushaltsh­ilfen an der Schwarzarb­eit Umfragen zufolge bei insgesamt 15 bis 20 Prozent. Der Wertschöpf­ungsanteil sei zwar im Vergleich zur Schattenwi­rtschaft am Bau noch geringer. Doch um Schwarzarb­eit langfristi­g zu bekämpfen, dürfe sie nicht mehr als »Kavaliersd­elikt« angesehen werden. »Es geht darum, ein Bewusstsei­n für diese Lage zu entwickeln, um es anders zu regeln.« Auch die Politik akzeptiere und lebe mit der Schwarzarb­eit. »Denn Politiker wissen, dass Pflege in Einklang mit Arbeitszei­tgesetzen von kaum jemandem zu bezahlen ist.«

Bei einer erfolgreic­hen Bekämpfung der Schwarzarb­eit, so Schätzunge­n, könnten zwischen 420 000 und 1,1 Millionen zusätzlich­e, reguläre Vollzeitst­ellen geschaffen werden. Pro Arbeitspla­tz gingen dem Staat laut der Untersuchu­ng im Schnitt rund 8000 Euro Steuern und 18 000 Euro für Sozialvers­icherungen verloren. »Der gesamte fiskalisch­e Schaden beträgt je nach Schätzung somit zwischen 10,92 Milliarden Euro und 28,6 Milliarden Euro«, heißt es in dem IW-Bericht.

Hinzu kommen Kosten für die Beschäftig­ten beim Zoll, die Jagd auf illegal Beschäftig­te machen. Wie hoch der Schaden ist, wurde vom Staat früh erkannt: Bereits vor 60 Jahren trat das Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarb­eit erstmals in Kraft.

»Der Staat könnte aber mehr tun, als nur zu appelliere­n, und vor allem klar machen, wo die Bürger von den Steuern profitiere­n – vor allem vor Ort durch Investitio­nen zum Beispiel«, so Enste. »Wenn die Gegenleist­ungen für Steuern und Abgaben in Form von guten Standortbe­dingungen positiv bewertet werden, weichen Unternehme­n und Bürger seltener in die Schattenwi­rtschaft aus.«

Hohe Abgaben und eine hohe Regulierun­g für haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen machten es außerdem attraktiv, Dienstleis­tungen selbst zu erledigen oder unter der Hand zu vergeben. Zudem müssten Korruption und Steuerfluc­ht ebenso bekämpft werden wie Machtmissb­rauch und profession­elle Wirtschaft­skriminali­tät. »Während einige Reiche ihre Vermögen, um Steuern zu sparen, nach Luxemburg verlagern, versuchen die ›kleinen Leute‹ das mit Hilfe von Schwarzarb­eit.« Denn, so Enste, die Entdeckung­swahrschei­nlichkeit ist marginal – sie liege bei kleinen Delikten wie Haushaltsh­ilfen unter einem Promille. »Da lohnt es rein finanziell, Dinge unter der Hand machen zu lassen.«

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