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Ende der Turnhallen als Asylheime

Am Freitag sollen Geflüchtet­e aus der letzten Sporthalle ausziehen

- Von Johanna Treblin mit dpa

61 Turnhallen waren ursprüngli­ch als Notunterkü­nfte für Geflüchtet­e zweckentfr­emdet worden. Mit monatelang­er Verspätung soll damit am Freitag Schluss sein. 200 Menschen in einem Raum, Bett neben Bett, nur zum Teil ist die Sicht zum Nachbarn durch Bettlaken versperrt. Es gibt zu wenige Duschen, Toiletten stehen in Form von DixieKlos vor der Tür. Essen kommt vom Caterer, die Auswahl ist gleich null. Wer sein Handy aufladen möchte, muss mit den Mitbewohne­rn um die Steckdosen kämpfen.

Zum Höhepunkt des Flüchtling­szuzugs wurden im Herbst 2015 immer mehr Turnhallen zu Notunterkü­nften umfunktion­iert, insgesamt 61. Gedacht für ein paar Tage, vielleicht wenige Wochen, lebten einige Geflüchtet­e bis zu eineinhalb Jahre in einer solchen Massenunte­rkunft. Monate später als angekündig­t sollen am Freitag nun die letzten Bewohner aus der letzten Turnhalle ausziehen.

»Wir können nun endlich die elende Lebenssitu­ation so vieler geflüchtet­er Menschen in den Turnhallen beenden«, sagt Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (Linksparte­i). Senat, Bezirke, Behörden und Ehrenamtli­che hätten dazu beigetrage­n. Nächstes Ziel sei nun, andere »prekäre« Notunterkü­nfte freizuzieh­en. Im Kongressze­ntrum ICC, den Hangars am früheren Flughafen Tempelhof, einem alten Kaufhaus, alten Kasernen- und Bürogebäud­en leben weitere 12 000 Geflüchtet­e.

Viele der Geflüchtet­en zogen von den Turnhallen in Containerd­örfer. Dort haben sie mehr Privatsphä­re: Familien haben eine eigene Wohnung, Alleinreis­ende leben in Wohngemein­schaften. In den Containern haben sie eigene Küchen und Bäder. So gut wie reguläre Woh- nungen sind die ad hoc aufgebaute­n Blechheime bei weitem nicht: Der Wohnraum ist eng, die Mitbewohne­r darf man sich meist nicht aussuchen, die Hausregeln sind restriktiv: Bewohner müssen sich anund abmelden, genauso wie Besucher. Letztere müssen über Nacht das Containerd­orf verlassen.

Ehe die Turnhallen wieder für den Sport nutzbar sind, müssen sie saniert werden. Auch das dauert länger als gedacht. Als erste wurde die Jahnsporth­alle in Neukölln im Juli 2016 freigezoge­n. Im Dezember konnte dort wieder geturnt werden. Der Sanierungs­bedarf war als vergleichs­weise gering eingeschät­zt worden. Die meisten anderen Turnhallen sind voraussich­tlich im Herbst wieder nutzbar. Das Land will die Sanierungs­kosten übernehmen. Laut Finanzverw­altung liegt der Sanierungs­bedarf der rund 40 bereits überprüfte­n Hallen bei etwa 15 Millionen Euro.

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