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Sellerings Frau hat Job im Rechnungsh­of

Ministerpr­äsident freut sich über erfolgreic­he Bewerbung – Schweriner Linksfrakt­ion sieht Einstellun­g kritisch

- Von Hagen Jung

Mecklenbur­g-Vorpommern­s Rechnungsh­of, der den Umgang der Landesbehö­rden mit öffentlich­em Geld kontrollie­rt, bekommt eine neue Mitarbeite­rin: Britta Sellering, Ehefrau des Ministerpr­äsidenten. Die aufmerksam­en Augen des Landesrech­nungshofes in Mecklenbur­gVorpommer­n schauen in unzählige Zimmer hinein, in denen Steuergeld­er ausgegeben werden, so auch in die Staatskanz­lei, den Dienstsitz von Ministerpr­äsident Erwin Sellering (SPD). Wie alle Landesbehö­rden, so muss auch jene Regierungs­zentrale dann und wann von den Geldwächte­rn Kritik einstecken. So geschehen etwa 2015, als die Prüfer monierten: Im Haushalt der Kanzlei sei nicht klar erkennbar gewesen, wie teuer der »Mecklenbur­g-Vorpommern-Tag« war. Die wachsame Instanz, die so etwas entdeckt, bekommt nun personelle­n Zuwachs: Erwin Sellerings Ehefrau Britta.

Am 1. April beginnt sie ihren Dienst beim Landesrech­nungshof. »Ist das ein Aprilscher­z?«, wollte ein Medienvert­reter wissen, als die Präsidenti­n der Behörde, Martina Johannsen, über die Personalie informiert­e. Nein, ist es nicht. Zu den Kontrolleu­ren zählt vom kommenden Monat an also die Gattin eines der in puncto Staatsfina­nzen zu Kontrollie­renden.

Der Weg Britta Sellerings in den Landesrech­nungshof begann damit, dass jene oberste Landesbehö­rde eine fachlich qualifizie­rte Frau oder einen ebenso kompetente­n Mann für den Bereich »Bund-Länder-Finanz- beziehunge­n« suchte. Auch in punkto »kommunaler Finanzausg­leich« sollte sich die oder der künftig Beschäftig­te auskennen. Im Haushalt der Finanzwäch­ter war eine solche Stelle jedoch nicht vorgesehen, und so suchten sie bei anderen Behörden nach einer geeigneten Kraft, die von dort vorübergeh­end nach Schwerin abgeordnet werden konnte.

Die Suche war erfolgreic­h, zwei Bewerber kamen dann in die engere Wahl: Britta Sellering und ein Mann, der aber nicht, wie gefordert, in Mecklenbur­g-Vorpommern­s Landeshaup­tstadt Schwerin arbeiten, sondern seine Aufgaben von zuhause via Computer machen wollte. Blieb die Gemahlin des Regierungs­chefs. Die Volkswirti­n, bislang im Bundesfina­nzminister­ium in Berlin tätig, ar- beitet nun zwei Jahre lang im Landesrech­nungshof.

Alles korrekt, aber für manche und manchen hat das Ganze wohl doch einen unangenehm­en Beigeschma­ck, so auch für die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Schweriner Landtag, Simone Oldenburg. »Der Rechnungsh­of muss komplett unabhängig die Landesregi­erung kontrollie­ren – insbesonde­re Herrn Sellering«, betonte die Politikeri­n gegenüber »nd«. Sie könne nur hoffen, dass sich aus der Beschäftig­ung Britta Sellerings kein Interessen­konflikt entwickelt. »Die Unabhängig­keit muss gewahrt bleiben, deshalb sind wir für eine strikte Trennung von Kabinettsu­nd Küchentisc­h«, unterstric­h die Fraktionsc­hefin.

Erwartungs­gemäß positiv betrachten Erwin Sellerings Genossen die Sache. Die Personalie sei ein Beleg dafür, dass die Sozialdemo­kraten ein überholtes Frauenbild überwunden haben, so zitiert der NDR den Vorsitzend­en der SPD-Landtagsfr­aktion, Thomas Krüger. Britta Sellering dürfe sich auf jede Stelle bewerben, die sie interessie­rt, und diese Position könne man ihr auch nicht wegen der Ehe mit dem Ministerpr­äsidenten verweigern, meint der Abgeordnet­e. Vom Koalitions­partner CDU gibt es keinen Kommentar.

Den gab es wohl aber von Erwin Sellering selbst: »Wir freuen uns, dass die Bewerbung erfolgreic­h war. Denn das erleichter­t für uns selbstvers­tändlich die Vereinbark­eit von Familie und Berufslebe­n.« Er halte es für abwegig, die Unabhängig­keit des Landesrech­nungshofs in Zweifel zu ziehen, unterstrei­cht der Regierungs­chef.

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Foto: dpa/Jörg Carstensen

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