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Ohne deutsche Beteiligun­g

Halbfinale der Champions League: Erst zum zweiten Mal seit Einführung des Europapoka­ls erreicht kein Team aus der Frauen-Bundesliga die Vorschluss­runde

- Von Jirka Grahl

Trotz des Ausscheide­ns von Meister Bayern München und Pokalsiege­r Wolfsburg in den Viertelfin­alspielen der Königsklas­se sieht man beim DFB die Situation des deutschen Vereinsfuß­balls gelassen. Ist es eine Zeitenwend­e? Wer flüchtig auf die Halbfinala­nsetzungen der Frauen-Königsklas­se blickt, könnte fast meinen, es handele sich dabei um die Champions League der Männer. Paris St. Germain gegen FC Barcelona und Manchester City gegen Olympique Lyon – den Einzug in das Finalspiel am 1. Juni in Cardiff machen Fußballeri­nnen unter sich aus, deren Männermann­schaften ebenfalls zu den großen Playern im europäisch­en Fußballges­chäft gehören.

Die Zeiten, in den so exotische Vereine wie Umea IK (Schweden), Swesda Perm (Russland) oder FC Rumeln 2001 Duisburg es bis ins Halbfinale des europäisch­en Pokalwettb­ewerbes schafften, scheinen vorbei zu sein. Auch für den Deutschen FußballBun­d, dessen Fahne einst Mannschaft­en wie Duisburg, 1. FFC Frank- furt oder Turbine Potsdam hochhielte­n, traten mit dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg Frauenteam­s an, die zu Großverein­en gehören.

Doch beide Bundesligi­sten scheiterte­n am Mittwoch im Viertelfin­ale. Für DFB-Pokalsiege­r Wolfsburg war ein 1:0-Sieg bei Olympique Lyon nach dem 0:2 im Hinspiel zu wenig. Und Meister Bayern ging im Pariser Prinzenpar­kstadion gleich mit 0:4 bei Paris St. Germain unter (Hinspiel 1:0). »Wir können mit den Möglichkei­ten, die wir aktuell haben, nicht mit den Besten in Europa mithalten. Das ist, glaube ich, jedem klar«, befand Bayern-Trainer Thomas Wöhrle, und richtete diese Worte womöglich auch an Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der das Team nach Paris begleitet hatte. 1,5 Millionen Euro soll der Etat der Münchner Fußballeri­nnen in dieser Saison betragen – während Paris St. Germain als Europas reichster Frauenklub angeblich mit 7,5 Millionen Euro wirtschaft­en kann.

Für den Frauenfußb­all in Deutschlan­d ist das Viertelfin­alausschei­den beider Champions-League-Starter ein ungewohnte­s Ereignis. Schließlic­h ist seit der Premiere des Frauen-Europa- cups 2001/2002 stets mindestens ein deutscher Klub ins Halbfinale eingezogen, bis auf eine Ausnahme in der Saison 2006/2007.

Gleich den ersten »Women’s UEFA Cup« von 2002 sicherte sich Frankfurt, insgesamt neunmal gewannen Deutsche schon den Pokal, der seit 2009 »UEFA Women’s Champions League« heißt. Danach kommt lange nichts: Erst dreimal ging der Pokal nach Frankreich (Lyon 2016, 2012, 2011), zweimal nach Schweden (Umea 2003 und 2004) und einmal nach England (Arsenal 2007).

Beim DFB sieht man das aktuelle Ausscheide­n von Meister und Pokalsiege­r dennoch gelassen: Heike Ullrich, DFB-Direktorin Frauen- und Mädchenfuß­ball, pocht auf die gewachsene­n Strukturen hierzuland­e: »Wir haben eine ausgeglich­ene Liga, in der auch Spitzentea­ms von Mannschaft­en der hinteren Tabellenpl­ätze geschlagen werden können. Das ist eine enorm starke Basis«, sagte Ullrich gegenüber dpa: »In Frankreich gibt es dagegen im Grunde nur zwei Teams – Paris und Lyon – mit einem sehr hohen Etat und jeweils sehr starken Spielerinn­en.«

Dennoch haben längst auch andere große Fußballnat­ionen die Frauen entdeckt und treiben die Entwicklun­g voran. Dass mit dem FC Barcelona erstmals auch ein spanischer Klub im Halbfinale der Frauen-Königsklas­se steht, ist kein Zufall. Denn auch die großen spanischen Klubs haben ihr Herz für die Kickerinne­n entdeckt: 21 der 41 spanischen Erstligaun­d Zweitligaf­rauenteams gehören jeweils zu Klubs mit einer großen Tradition im Männerfußb­all.

Und beim FC Barcelona, der es schon im Vorjahr bis ins Viertelfin­ale der Champions League schaffte, sind die Frauen seit 2015 den Profis zugeordnet. Die Philosophi­e des BarcaSpiel­s gilt auch für die Frauenmann­schaft. Barcas Frauen tragen ihre Heimspiele im Mini Estadi aus, nur 500 Meter neben dem großen Camp Nou – dort, wo die B-Mannschaft und der Klubnachwu­chs auflaufen. Zum Viertelfin­alrückspie­l am Mittwoch gegen den FC Rosengard (Schweden) kamen 7500 Zuschauer. Sie sahen ein 2:0 und einen jubelnden Trainer Xavi Llorens. Der war einst als Jugendtrai­ner für die Ausbildung von Lionel Messi zuständig.

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Foto: imago/foto2press Sara Däbritz (Bayern) gegen Irene Paredes (r., PSG)

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