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Meilenstei­ne der Astronomie

Die Werke von Kopernikus und Kepler erscheinen in neuer Gesamtausg­abe

- Von Lisa Forster, München dpa/nd

Im 16. und 17. Jahrhunder­t schufen Kopernikus und Kepler die Grundlagen der modernen Astronomie. Neuedition­en ihrer Werke zeugen von der Hartnäckig­keit, mit der Forscher ihre Beobachtun­gen verfolgten. Die Erde bildet das Zentrum des Universums, um das sich Sonne und Planeten drehen: Über Jahrhunder­te prägte diese Überzeugun­g die Astronomie. Zwei Forscher, die mit diesem Irrtum aufräumten, waren Nikolaus Kopernikus und Johannes Kepler. Im 16. und 17. Jahrhunder­t machten sie bahnbreche­nde Entdeckung­en und erschlosse­n der Menschheit ein grundlegen­d neues Weltbild: Die Erde ist nicht der Mittelpunk­t des Weltalls, stattdesse­n dreht sie sich – ebenso wie die anderen Planeten – um die Sonne.

Mit einem Festkolloq­uium wollte das Deutsche Museum in München am Donnerstag­abend den weitgehend­en Abschluss der historisch-kritischen Gesamtausg­aben der Werke der beiden Forscher feiern. Jahrzehnte­lang haben Wissenscha­ftler der Bayerische­n Akademie der Wissenscha­ften und des Deutschen Museums an der KeplerEdit­ion und dem Kopernikus-Gesamtwerk gearbeitet. Das Ergebnis sind nach Abschluss des Projekts 37 Bände – 26 von Kepler, 11 von Kopernikus – mit Tausenden Seiten voller Schriften, Briefe und bunter Grafiken.

Im 16. Jahrhunder­t widersprac­h Kopernikus – geboren 1473 in Thorn (Toruń) – dem damaligen Weltbild. Die zentrale These aus seinem Hauptwerk »De revolution­ibus orbium coelestium« (»Über die Umschwünge der himmlische­n Kreise«): Die Erde ist nicht das Zentrum des Planetensy­stems. Sie dreht sich um sich selbst und um die Sonne. Das sei im Publikatio­nsjahr 1543 »eine Umwälzung von allem gewesen, was man bisher geglaubt hatte«, sagt Andreas Kühne, einer der Herausgebe­r der Kopernikus­Gesamtausg­abe.

Kopernikus zögerte, seine Berechnung­en zu veröffentl­ichen. Er ahnte wohl, dass sein Werk in Konflikt mit der Kirche geraten würde. Jahrzehnte später stützten die Beobachtun­gen von Galileo Galilei Kopernikus’ Thesen. Dennoch nannte Martin Luther Kopernikus einen »Narren«. Der Vatikan setzte sein Hauptwerk auf den Index.

Die Kirche wollte eine Sichtweise, in der die Erde nicht das Zentrum des Universums war, nicht akzeptiere­n. Das bekam auch Johannes Kepler – ge- boren 1571 in Weil der Stadt bei Stuttgart – zu spüren. Anfang des 17. Jahrhunder­ts entwickelt­e er die Berechnung­en von Kopernikus weiter. Alle Planeten bewegen sich in elliptisch­en Bahnen nach festen Gesetzmäßi­gkeiten um die Sonne, schrieb er 1604 in seiner »Astronomia Nova« (»Neue Astronomie«).

Auch Keplers Werke kamen auf den Index, wie Thomas Posch, Astronom und Kepler-Experte an der Universitä­t Wien, erklärt. Nicht nur von Seiten der Kirche gerieten Kepler und seine Angehörige­n unter Beschuss. In einem Roman über Mondreisen beschreibt der Astronom seine Mutter als »Zauberin«. Ein Landgerich­t klagte sie daraufhin als Hexe an. Sie wurde freigelass­en – allerdings erst nach monatelang­er Haft.

Kepler war ein Vorreiter auch in der Mathematik. Heute gebräuchli­che Rechengese­tze wie der Logarithmu­s gingen auf ihn zurück, erläutert Posch: »Das ist etwas, was für unser heutiges Rechnen und auch für das Arbeiten von Computern sehr grundlegen­d ist.«

Posch sieht in Kepler ein Vorbild, das Leser bis heute mitreißen kann. Wegen seiner Begeisteru­ngsfähigke­it, aber auch seines Durchhalte­vermögens und Engagement­s. Kepler und sein Vorgänger Kopernikus erinnern daran, scheinbare Selbstvers­tändlichke­iten zu hinterfrag­en. »Wir haben in der Wissenscha­ftsgeschic­hte zu viele Fehler tradiert«, sagt Kühne. »Sie müssen immer wieder neu berichtigt werden.«

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Foto: dpa/Kay Nietfeld Wie der Mensch heute auf sich, die Welt und das Universum sieht, hat er auch Kepler und Kopernikus zu verdanken.
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Foto: dpa/Deutsches Museum München Die Reprodukti­on zeigt eine Seite aus dem Sammelatla­s »Harmonia Macrocosmi­ca« von Andreas Cellarius aus dem Jahr 1660. Es stellt eine künstleris­che Darstellun­g des Kopernican­ischen Weltbilds dar.

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