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»Pulse of Europe« fördert Verwirrung

Zu »Ein Partner für die Linke«, 29.3., S. 4

- Siegfried Müller-Maige, Frankfurt am Main

Es gibt ernsthafte Gründe, warum Linke mit »Pulse of Europe« (PoE) Probleme haben: Die Bewegung ist bedingungs­los pro-EU, deshalb ist sie auch zutiefst neoliberal. Sie will diese EU stärken – und das tut sie nicht ungeschick­t, aber mit einem Ansatz, der Menschen aus der gesellscha­ftlichen Linken zu Recht skeptisch machen sollte.

In Frankfurt am Main gehen seit 5. Februar auch Mitglieder unserer »Regionalgr­uppe Europa Neu Begründen« regelmäßig zu den Sonntagsde­mos und versuchen, mit Flugblätte­rn auf kritische Punkte dieser EU hinzuweise­n. Das passt den Initiatore­n nicht, weshalb sie uns hier nicht am offenen Mikro reden lassen. Andernorts, wo man am offenen Mikro kritisch reden kann, sollte man dies selbstvers­tändlich tun, denn tatsächlic­h gehen da auch kritische Menschen hin. Inzwischen machen bei uns einige Menschen mit, die sich von unseren Flugblätte­rn angesproch­en fühlten.

Zurück zu den Problemen, die Linke mit dieser Bewegung haben sollten: PoE fördert die Verwirrung, die EU mit Europa gleichzuse­tzen. Dabei nimmt sie für die EU Errungensc­haften in Anspruch, zum Beispiel die Wahrung der Menschenre­chte, Demokratie, Soziales (europäisch­e Sozialchar­ta), die tatsächlic­h vom gesamteuro­päischen Europarat kommen, also nicht von der EU und von dieser teilweise auch nicht unterstütz­t werden.

Auch den Frieden schreiben sie der EU zu, was auf der sehr fraglichen These beruht, dass Handel Frieden fördert. Zudem spricht sie damit nur den Frieden unter den Mitglieder­n an (das ist natürlich auch sehr lobenswert), sie ignoriert aber die Unfrieden stiftende Wirkung der EU-Politik nach außen, in Nachbarlän­dern und auch global.

Anders als beim Europarat und der KSZE bzw. OSZE, wo es tatsächlic­h europaweit und darüber hinaus um Frieden und Menschenre­chte geht, ging und geht es bei der EU immer um ein hierarchis­ch strukturie­rtes Wirtschaft­sbündnis, in dem vor allem das große Kapital die Richtung bestimmt.

Für »Pulse of Europe« geht die Gefahr für die EU von den Rechten aus. Verschwieg­en wird, dass die neoliberal­e Politik dieser EU (leider auch der Einzelstaa­ten) die Rechten erst stark gemacht hat. Mehr noch: Diese Politik hat – Stichworte Griechenla­nd und Flüchtling­e – die Staaten und auch die Menschen innerhalb der Staaten gegeneinan­der aufgehetzt. Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktione­llen Meinungsäu­ßerungen. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.

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