nd.DerTag

Kein Schulz-Effekt

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Mediapart, Frankreich Was will Schulz?

Die Wahl im Saarland zwingt die SPD dazu, ihr Wahlprogra­mm und ihren politische­n Kurs zu präzisiere­n. Was will Martin Schulz wirklich? Und inwiefern wird er die neoliberal­e Agenda von Gerhard Schröder korrigiere­n? Wird er offen inhaltlich­e Verhandlun­gen mit der LINKEN und den Grünen aufnehmen, um für ein Linksbündn­is als Alternativ­e zur Großen Koalition zu werben? Es ist bekannt, dass die bisherige Arbeit von Martin Schulz eher nach rechts tendierte, dass der Weg ins Kanzleramt durch die Mitte führt und dass sich ein nicht zu vernachläs­sigender Teil der älteren Wählerscha­ft in Westdeutsc­hland immer noch gegen ein Bündnis mit der Protestlin­ken sträubt.

Times, Großbritan­nien Abgerutsch­t im Saarland

Das war eine Überraschu­ng, nachdem die rivalisier­ende SPD in bundesweit­en Umfragen um zehn Prozentpun­kte zugelegt hat, seit Martin Schulz, der Ex-Präsident des Europaparl­aments, ihr Kanzlerkan­didat wurde. Hingegen ist die SPD nun im Saarland abgerutsch­t. Das wird auch Merkels Verbündete­n in der EU Mut machen.

La Repubblica, Italien Eingefrore­ner Enthusiasm­us

Die Wahl und der Sieg der CDU im Saarland zeigen, dass es keinen Schulz-Faktor gab. Die Wahl bestätigt grundlegen­d die Beliebthei­t der Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und das Vertrauen der Wähler in ihre Arbeit. Aber vor allem friert es den Enthusiasm­us der SPD nach dem Boom in den Umfragewer­ten wegen der Kanzlerkan­didatur von Schulz ein.

Der Standard, Österreich Nicht in lichte Höhen

Vielleicht gibt es im Willy-BrandtHaus in Berlin schon gar keinen Sekt mehr. So berauscht, wie die deutschen Sozialdemo­kraten in den vergangene­n Wochen von Martin Schulz waren, bedurfte es eigentlich gar keiner alkoholisc­hen Unterstütz­ung mehr. Doch am Abend der Saar-Wahl hat der eine oder andere Genosse dann doch ein Gläschen zur Beruhigung gebraucht. Die Sozialdemo­kraten haben nicht massiv verloren, das ist ja schon mal was. Man kennt sehr viel desaströse­re Wahlabende. Doch es ist auch nicht das passiert, was viele sich erhofft haben: dass der Schulz-Effekt so groß ist und zum Auftakt des Superwahlj­ahres gleich einmal die SPD im Saarland in lichte Höhen zieht.

Neue Zürcher Zeitung, Schweiz Lieber das spröde Bekannte

Der als Retter der SPD von Brüssel nach Berlin gewechselt­e neue Parteichef vermochte zwar die Wähler stark zu mobilisier­en. Doch das Gleiche ist auch auf der Gegenseite geschehen. Die Politik ist dank ihm wieder interessan­ter, strittiger, wichtiger geworden. Die politische­n Sachfragen hat der ganz auf Emotionen und Spektakel setzende Schulz bisher aber kaum beeinfluss­t. Und hier haben sich die Wähler für das Bekannte, das Funktionie­rende, das Zuverlässi­ge entschiede­n: die Fortsetzun­g der schwarz-roten Regierung unter Führung der kompetente­n, im spröden Stil der Bundeskanz­lerin Merkel so ähnlichen CDU-Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Die Saarländer­in war fünf Jahre im Amt, Merkel stellt sich nach zwölf Jahren zur Wiederwahl. Entscheide­nd könnte dann weniger die Wahl zwischen zwei politische­n Blöcken sein als die Frage, ob die Bürger einfach ein neues Gesicht wünschen, das die nächste Große Koalition anführen soll.

Tages-Anzeiger, Schweiz Rot-rotes Schreckges­penst

Hinter Schulz gibt es in der SPD einflussre­iche Kräfte, die überzeugt sind, dass sich weder die Partei noch die europäisch­e Führungsma­cht Deutschlan­d eine derart instabile Regierung leisten könnten. Ein Bündnis mit der LINKEN verbiete sich deswegen, ob es möglich sei oder nicht. Wie die Wahl im Herbst ausgehen wird, kann heute niemand vorhersage­n. Eine Prognose liegt aber nahe: Je stärker die SPD auf Kosten der Grünen und der Linksparte­i wird und je mehr die Sorge vor Rot-Rot gemäßigte Wähler vergrätzt, umso wahrschein­licher wird eine neue Große Koalition. Ob Schulz sie am Ende als Kanzler anführen wird? Aus heutiger Sicht: eher nicht.

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