Erst der Exit, dann der Handel
EU legt Entwurf für Verhandlungen vor / Irritationen über Drohung in Brexit-Brief
Die EU versichert: Es werden harte Verhandlungen mit Großbritannien, aber es wird kein Krieg. Zuerst soll über Trennung, dann über Zusammenarbeit verhandelt werden. Eine ungewohnt zahme Theresa May verkündete am Mittwoch den Brexit. »Wir wollen zuverlässige Partner und Verbündete unserer Freunde auf dem Kontinent bleiben«, heißt es in dem Austrittsschreiben. Doch in ihm ist auch eine Drohung versteckt, die am Freitag weiter für Irritationen sorgte. Eine Passage wurde in Brüssel so verstanden, dass die künftige Sicherheitszusammenarbeit Großbritanniens mit der EU von einem für London günstigen Brexit-Deal abhänge. »Sorry, aber so funktioniert das nicht«, kommentierte Guy Verhofstadt, der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments. Am Freitag war Großbritanniens Außenminister Boris Johnson um Schadensbegrenzung bemüht: Keineswegs sollen Sicherheitsfragen in den Brexit-Verhandlungen als Druckmittel dienen.
Um diese freilich wird bereits gerungen. Am Freitag veröffentlichte Ratspräsident Donald Tusk die Brexit-Leitlinien der EU. Für London hatte er trotz der Beteuerung, »keinen bestrafenden Ansatz« zu verfolgen, eine klare Botschaft bereit: So wie ihr euch das wünscht, wird es nicht laufen. »Einen Start paralleler Gespräche über alle Themen gleichzeitig, wie einige in Großbritannien das fordern, wird es nicht geben«, sagte Tusk in Valletta. Er möchte zunächst einmal sehen, ob die Austrittsverhandlungen »ausreichenden Fortschritt« bringen. Danach soll über die künftigen Beziehungen diskutiert werden, etwa über ein Handelsabkommen.
Der EU-Ratspräsident schlug ein Zwei-Phasen-Modell vor. Die EUStaats- und Regierungschefs würden entscheiden, »ob die Verhandlungen in die nächste Phase übergehen«. Dass die Verhandlungen auch scheitern können, kalkuliert die EU mit ein. Die Union werde »hart arbeiten«, um zu einer »konstruktiven« Einigung zu gelangen, »aber sie bereitet sich auch darauf vor, die Situation zu bewältigen, falls die Verhandlungen scheitern sollten«, heißt es in den Leitlinien weiter. Überdies betonte Tusk, London müsse alle seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen, die sich aus der bisherigen EU-Mitgliedschaft ergeben, bevor es die Union verlassen könne.
Der Entwurf wird in den nächsten Wochen mit den 27 verbleibenden EU-Ländern besprochen und am 29. April auf einem Sondergipfel der EUStaats- und Regierungschefs beschlossen. Wenn keine gravierenden Änderungen erfolgen, sieht es nach zähen Verhandlungen aus. Doch der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Maltas Regierungschef Joseph Muscat beruhigte: »Es werden harte Verhandlungen, aber es wird kein Krieg.«