nd.DerTag

Der Rest der Welt und Dylans Träume

- Martin Hatzius

Wir bitten, die Bildstörun­g zu entschuldi­gen: Das von vielen lange herbeigese­hnte, von anderen kaum mehr erwartete Ereignis wird auch jetzt, da sein Stattfinde­n in greifbare Nähe rückt, nicht medial dokumentie­rfähig sein. Bob Dylan, so die Nachricht, die uns in dieser Woche von der Schwedisch­en Akademie ereilte, wird in Stockholm, wo er für zwei Konzerte weilt, Medaille und Urkunde zum Literaturn­obelpreis entgegenne­hmen. Zugesproch­en worden war ihm der Preis im Oktober 2016. »Am Samstag oder Sonntag«, heißt es, werde das Treffen nun »im kleinen Kreis« stattfinde­n – »unter Ausschluss der Medien«.

Selbst die Möglichkei­t, dass Dylan noch vor dem Auslaufen der Frist am 10. Juni jene »Vorlesung« hält, die ihn erst zur Entgegenna­hme des Preisgelde­s berechtige­n würde, scheint fortzubest­ehen. Man habe jedenfalls »gute Gründe zu glauben, dass eine aufgezeich­nete Version zu einem späteren Stadium zugeschick­t wird«, ließ die Akademie-Chefin Sara Danius verlautbar­en. Und: Man würde auch einen Song akzeptiere­n.

In seiner 2004 erschienen­en autobiogra­phischen Anekdoten- und Traumsamml­ung »Chronicles« zählte Dylan eine Handvoll längst verstorben­er Persönlich­keiten auf, denen er sich verbunden fühlte. Allesamt stammen sie, wie Dylan selbst, aus Minnesota: der Baseballsp­ieler Roger Maris, der Flugpionie­r Charles Lindbergh, der frühe Rock ’n’ Roller Eddie Cochran, die Schriftste­ller F. Scott Fitz- gerald und Sinclair Lewis. Lewis, übrigens, war der erste Literaturn­obelpreist­räger aus den USA. »Sie alle«, schreibt Dylan, »folgten ihrer eigenen Vision und kümmerten sich nicht um den Rest der Welt. Sie alle hätten verstanden, worum es in meinen vagen Träumen ging. Ich fühlte mich wie einer von ihnen oder wie alle zusammen.« Ob die Akademie auch eine Videokonfe­renz mit dem Jenseits als Preisrede anerkennt, ist uns nicht bekannt.

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Foto: 123rf/alunablue

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