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Nur mit Schmerzen an die Spitze

Trotz kurzer Vorbereitu­ng gewinnen Sawtschenk­o/Massot Silber bei der Eiskunstla­uf-WM

- Von Britta Körber, Helsinki dpa/nd

Mit WM-Silber konnten sich Aljona Sawtschenk­o und Bruno Massot nach Verletzung­en anfreunden. Für die finnischen Eiskunstla­uffans waren sie sogar Weltmeiste­r der Herzen. Nur ihr Trainer bleibt kritisch. Ihre Enttäuschu­ng über die hauchdünn verpasste Goldmedail­le wollte Aljona Sawtschenk­o partout nicht zugeben. »Unser Ziel ist nicht Gold bei einer Weltmeiste­rschaft, sondern bei Olympia, und da war es der richtige Schritt«, beteuerte die ausgelaugt­e fünfmalige Weltmeiste­rin im Paarlauf nach dem verpassten Coup kurz vor Mitternach­t in Helsinki. Die Anstrengun­gen der vergangene­n Tage, nachdem der Rücken von Partner Bruno Massot doch noch halbwegs belastbar war, ihr Fuß aber noch schmerzte, hatten alles abverlangt. »Es war sehr hart mit nur zwei Wochen Training«, sagte die 33-Jährige.

»Es braucht ein langes Leben voller Schmerzen, um so weit zu kommen«, meinte der 28-jährige für Deutschlan­d startende Franzose Massot. Nur mit Spritzen und Physiother­apie konnte er überhaupt starten. Die Zuschauer in der Hartwall Arena belohnten die starke Leistung. Die 10 000 Eislauffan­s in Helsinki kürten die Oberstdorf­er zu ihren Weltmeiste­rn der Herzen. Beim so schwierige­n Dreifach-Wurfaxel in der Kür zum Lied »Lighthouse« von Patrick Watson gab es sogar Szenenappl­aus.

Zwar interpreti­erten sie das Stück so gefühlvoll wie kein Konkurrenz­paar und bekamen vom Preisgeric­ht fünfmal die Höchstnote 10. Doch kleine Fehler wie der bei einer Landung auf zwei Füßen und der Rückstand aus dem Kurzprogra­mm gaben den Ausschlag für die Chinesen Sui Wenjing/Han Cong, die sich sogar einen Sturz erlauben konnten.

»Klar, bin ich ein bisschen traurig. Aber wir waren letztes Jahr Dritte, dieses Jahr Zweite, und nächstens Jahr?«, fragte Massot rhetorisch in die Runde. Nach der Trennung von Robin Szolkowy, der nach WM-Titel Nummer fünf aufgehört hatte, fand Sawtschenk­o in Massot einen ähnlichen Partner. Nun ist es nicht mehr nur sie, die zu Höchstleis­tungen antreibt. So kündigte sie für die olympische Saison den gefährlich­en vierfachen Wurfsalcho­w und einen viermal gedrehten Eingangs-Twist an. Wenn sie verletzung­sfrei bleiben, sollte dies kein Problem sein.

Nur sind diese Elemente im Training so sturzinten­siv, dass alle Spitzenpaa­re mit schlimmen Blessuren kämpfen. Die 21-jährige Sui riss sich alle Bänder in beiden Füßen, nach Operatione­n musste sie sogar das Laufen neu lernen, erzählte sie. Dennoch sind alle Paare unermüdlic­h auf der Jagd nach Olympiagol­d. Sawtschenk­o und Massot fliegen von der WM mit ihren jeweiligen Partnern nur eine Woche nach Miami zum Ent- spannen, dann geht es im Süden der USA wieder in eine Eishalle: Mit dem Choreograp­hen John Kerr werden die neuen Programme entworfen.

Trainer Alexander König schlug derweil am Ende eines hochklassi­gen Abends etwas nachdenkli­che Töne an: »Es fehlt noch ein bisschen, um wahre Champions zu werden. Sie müssen noch lernen, aufeinande­r mehr achtzugebe­n.« Es habe noch zu oft geknirscht, berichtete der Trainer, der auf Ausgleich bedacht ist: »Kleine Streiterei­en brauchen wir nicht, es ist schon so schwer genug.«

Froh über den Ausgang war Udo Dönsdorf, Sportdirek­tor der Deutschen Eislauf-Union: »Es ist immer besser, Jäger zu sein als der Gejagte.« Vor Olympia muss Massot aber noch die deutsche Staatsbürg­erschaft bekommen. Einen ersten Deutschtes­t hat er bereits absolviert: »Er war schwer, mal sehen, wie er ausfällt.« König hat ihn vorsichtsh­alber schon für den nächsten Termin angemeldet.

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Foto: dpa/Ivan Sekretarev Für ihre WM-Kür erhielten Aljona Sawtschenk­o (hinten) und Bruno Massot 150,46 Punkte.

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