Dicke Autos fahren Kritik ein
Zweiter Dienstwagen für Landtagspräsidentin im Nordosten soll beim Sparen helfen
Mecklenburg-Vorpommerns Parlamentspräsidentin hat künftig zwei Dienstwagen. So könne man Kosten sparen, meint die Verwaltung. Dies bezweifeln Kritiker ebenso wie den Sinn eines SUV für den Landtag. Sparsam sei mit dem Geld des Landes umzugehen, das in MecklenburgVorpommerns Haushalt zur Verfügung steht: So hatte das Finanzministerium Ende 2016 alle Ministerien ermahnt und auch den Landtag. In dessen Domizil, dem Schweriner Schloss, stieß man auf der Suche nach geeigneten Sparobjekten auf die Dienstautos. Und gleich ganz oben wurde der Sparhebel angesetzt – bei der Mobilität von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD).
Aha, sie muss sich künftig mit einer kleineren Karosse bescheiden! So mag der Steuerbürger im ärmsten Flächenland der Republik vermuten. Falsch! Die Präsidentin bekommt nicht weniger, sondern mehr Auto. Statt über nur einen einzigen geleasten Audi A 8, für den ein Käufer gut 85 000 Euro auf den Tisch legen dürfte, verfügt Sylvia Bretschneider fortan über zwei solcher Limousinen – nebst Fahrer, versteht sich.
Keine alltägliche Ausstattung. Haben doch die Amtskollegen in den Nachbarländern nur jeweils ein Dienstfahrzeug zur Verfügung. In Schleswig-Holstein ist es nicht mal ausschließlich dem Präsidenten zugeordnet.
Im Nordosten jedoch wird für die Präsidentin ein weiterer A 8 geleast. Wer bezweifelt, dass dies dem Sparen dient, und ein solches Argument angesichts des aktuellen Datums für einen Aprilscherz hält, wird aus der Landtagsverwaltung sinngemäß belehrt: Sylvia Bretschneider wohnt nicht am Dienstsitz Schwerin, sondern im 145 Kilometer weit entfern- ten Neubrandenburg. Habe sie in jenem Raum im östlichen Teil des Landes zu tun, könne sie den dort stationierten Wagen nutzen, im Westen, im weiteren Bereich der Hauptstadt, den anderen. Dadurch würden Sprit sowie Bahntransfers und auch Übernachtungen der Fahrer fortfallen. – Und: Eine halbe Personalstelle werde eingespart.
Kaum war all dies bekannt geworden, wurde in punkto Parlamentsfuhrpark weiterer Zuwachs publik. Er besteht aus einem 373-PS starken SUV, einem Audi Q7 e-tron, der einen Audi A 6 ersetzt. Das neue geleaste Auto im Wert von knapp 82 000 Euro wird unter anderem für Fahrten der Vizepräsidentinnen, von Ausschussvorsitzenden und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung genutzt. Auch für den Transfer von Gästen stehe der stattliche Wagen zur Verfügung, heißt es aus dem Schloss. Hintergrund der Entscheidung für solch ein Hybridfahrzeug sei, dass die Verwaltung auch ökologische Belange bei der Beschaffung von Dienstautos berücksichtige.
Die aktuellen Beschaffungen haben Kritik ausgelöst, unter anderem bei den LINKEN im Landtag. Ihre finanzpolitische Sprecherin Jeannine Rösler meint: »Es ist schon ungewöhnlich, dass die Präsidentin zwei Dienstwagen mit Fahrer benötigt.« Es gibt und gab in der Landesregierung auch Ministerinnen und Minister, die in ähnlicher Entfernung wohnen und wohnten, die mit einem Dienstwagen und einem Fahrer gut ausgekommen seien. Ob der Einsatz eines zweiten Autos für Sylvia Bretschneider tatsächlich günstiger sei, wage sie zu bezweifeln, sagte Röseler gegenüber »nd« und kommentierte den SUV: Es sei schon erstaunlich, dass die Fraktion von diesem Mobil aus den Medien erfahren musste. Und: Es sei zu hinterfragen, ob der Fuhrpark des Landtages ein solches Auto brauche. »Ich bezweifle das sehr«, so die Abgeordnete.
Zweifel am Sinn der Neuzugänge im Fuhrpark wird auch aus der Bevölkerung laut, unter anderem auf der Facebook-Seite der »Ostsee-Zeitung«. Lesekommentare wie »Frechheit, Maßlosigkeit und Selbstbedienungsmentalität« gehören noch zu den zahmen Beiträgen. Mit Blick auf die am Freitag gestartete Automobilmesse in Rostock hämt ein Schreiber: Dort könnten sich doch Minister, die nur ein Dienstauto haben, mal nach einem zweiten umsehen. Und zu lesen ist dieser Rat unter dem Foto eines Audi R 8 Spyder V 10, zu haben ab 179 000 Euro.