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Märchenhaf­ter Grashüpfer

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Schach ist ein Spiel großer Ernsthafti­gkeit. Aber es ist eben auch ein Spiel, das zu Spielereie­n verführt. Da Schach ob seiner Anlage ein hohes Improvisat­ionspotenz­ial besitzt, gibt es auch viele Variatione­n. Eine heißt Märchensch­ach. Dabei werden entweder für die herkömmlic­hen Figuren neue Spielregel­n gezaubert (etwa 15 Spielarten) oder in die bekannten Spielregel­n Figuren mit zauberhaft neuen Zugmöglich­keiten eingeführt (rund 40 Spielarten).

Eine Spielart der zweiten Richtung nennt sich nach der neuen Figur »Grashüpfer«. Der kann orthound diagonal wie eine Dame ziehen. Allerdings muss er dabei ei- nen Stein überspring­en und auf dem Feld dahinter landen. Ist dieses Feld von einem gegnerisch­en Stein besetzt, dann wird dieser geschlagen. Steht auf diesem Feld ein eigener Stein, oder steht die zu überspring­ende Figur am Rand, dann kann der Grashüpfer dort nicht hinziehen.

Der britische Mathematik­er und Chemiker Thomas Rayner Dawson (1889-1951) hatte sich mit dem Grashüpfer die inzwischen wohl bekanntest­e Märchensch­achfigur ausgedacht. Es lassen sich damit Partien spielen (wobei konvention­elle Figuren zu Grashüpfer­n mutieren), vor allem aber Schachprob­leme komponiere­n. Dabei wird der Grashüpfer mit einem ›G‹ notiert und erscheint auf dem Brett als eine auf dem Kopf stehende Dame.

An der Kompositio­n Diagramm I sollen 1930 gleich vier Experten beteiligt gewesen sein: Valerian Onitiu (Rumänien, 1872-1948), Nenad Petrović (Kroatien 19071989), Charles Masson Fox (England, 1866-1935) sowie Grashüpfer­erfinder Dawson. Weiß zieht und gewinnt in 8 Zügen. Diagramm II ist die erste je veröffentl­ichte Grashüpfer­aufgabe (1913). Weiß zieht und gewinnt in 2 Zügen.

Sollten Sie Schwierigk­eiten bekommen, dann sind Sie in prominente­r Gesellscha­ft. Besonders sehr gute Schachspie­ler tun sich hierbei sogar unverhältn­ismäßig schwer. Ihre meist automatisc­h und unbewusst ablaufende­n Stellungsa­nalysen (Mustererke­nnung!) funktionie­ren nämlich beim Märchensch­ach nicht mehr.

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