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Das Brandenbur­ger Tor bleibt dunkel

Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer (LINKE) scheitert mit seinem Vorschlag, für Russland Flagge zu zeigen

- Von Ellen Wesemüller

Paris, Brüssel, London, Istanbul – nach Anschlägen erleuchtet­e das Brandenbur­ger Tor in der Farbe der getroffene­n Nation. Petersburg ist keine Partnersta­dt, sagt der Senat – und bricht die Regel selbst.

Es war eine Entscheidu­ng, die auch am nächsten Tag noch viel Kritik auf sich zog: Nach dem Anschlag in Petersburg wurde das Brandenbur­ger Tor in Berlin am Montagaben­d nicht in russischen Nationalfa­rben angestrahl­t. Die Senatskanz­lei verteidigt­e am Dienstag die Entscheidu­ng, die dem Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) zusteht. »Man kann Kondolenz und Trauer auch ausdrücken, ohne das Brandenbur­ger Tor zu beleuchten«, sagte Senatsspre­cherin Claudia Sünder. »Es ist nicht der einzige Weg.«

Zuvor hatte Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer (LINKE) auf seiner Facebook-Seite gefordert, das Brandenbur­ger Tor »heute ein letztes Mal zu beleuchten«. Zur Begründung sagte er, so könne man »die Unterstell­ung ausräumen, es gäbe eine Hierarchis­ierung der Opfer«. Um einer Inflation der Trauerbeku­ndungen entgegenzu­wirken, solle man zukünftig ganz auf die Beleuchtun­g verzichten. »Jede Entscheidu­ng für eine Beleuchtun­g wirkt als Entscheidu­ng gegen eine andere.« Auch andere Hauptstäd- te verzichten mittlerwei­le ganz auf diese Geste.

Zumindest eines schien Lederer damit bewirkt zu haben: Nicht nur er, sondern auch Müller, Gesundheit­ssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) legten am Nachmittag Blumen an der russischen Botschaft nieder und kondoliert­en dem russischen Botschafte­r. Mitglieder der LINKEN im Bundestag hielten vor Ort Schilder in die Höhe mit der Aufschrift: »Wir trauern um die Opfer von Sankt Petersburg«. Gesine Lötzsch, LINKEN-Bundestags­abgeordnet­e, hielt eine kurze Ansprache.

Immer wieder entflammt die Debatte darüber, wann das Branden- burger Tor beleuchtet werden soll. Nach dem Terroransc­hlag von London vergangene Woche hatte die Se-

»Jede Entscheidu­ng für eine Beleuchtun­g wirkt als Entscheidu­ng gegen eine andere.« Klaus Lederer, Kultursena­tor (LINKE)

natskanzle­i gesagt, sie habe einen Leitfaden erarbeitet, wonach die Illuminier­ung den Partnerstä­dten Berlins vorbehalte­n sein soll. Bei den An- schlägen in Nizza und Quebec waren bereits nur die jeweiligen Botschafte­n angestrahl­t worden.

Doch Berlin hat selbst schon zweimal gegen die eigene Regel verstoßen: Nach dem Anschlag auf einen queeren Club in Orlando leuchtete die Regenbogen­fahne, nach dem Attentat in Jerusalem erstrahlte das Brandenbur­ger Tor in den Farben Israels. Sünder rechtferti­gte dies am Dienstag: Für Orte mit besonderem Bezug zu Berlin oder der deutschen Geschichte gelten Ausnahmen.

In den sozialen Netzwerken posteten Nutzer hingegen eigene bearbeitet­e Bilder des Wahrzeiche­ns in Weiß-Blau-Rot – so auch die deutsche Polizeigew­erkschaft.

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