Schifffahrt setzt auf Digitalisierung
Bund und Länder wollen Innovationen in der maritimen Wirtschaft zusätzlich fördern
Die Schifffahrt ist schon seit längerem in der Krise. Auf der Maritimen Konferenz berieten Branchenvertreter und hochrangige Mitglieder der Bundesregierung, wie die Digitalisierung das ändern kann. »Für die Exportnation Deutschland ist eine starke maritime Wirtschaft von zentraler Bedeutung«, sagte der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Uwe Beckmeyer, auf der Zehnten Nationalen Maritimen Konferenz am Dienstag in Hamburg. Das Projekt lässt sich die schwarz-rote Bundesregierung etwas kosten. Mit etwa 350 Millionen Euro wollen Bund und Länder Innovationen und Digitalisierung rund um die Schifffahrt zusätzlich fördern.
Bislang wurde der Wirtschaftszweig vor allem durch die »Tonnagesteuer« subventioniert – für ihre Millionengewinne zahlen Reeder und Investoren nur ein paar Euro Steuern. Inzwischen sprudeln die Gewinne jedoch nicht mehr so üppig wie früher. Daher hat die klassische Industriepolitik wieder an Bedeutung gewonnen. Mit dem Förderprogramm »Innovativer Schiffbau« wurde die deutsche Werftindustrie in den vergangenen Jahren durch Bund und Länder mit insgesamt 175 Millionen Euro »zielgerichtet« gefördert. Mit dem Forschungsprogramm »Maritime Technologien der nächsten Generation« werden auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen bezuschusst. Die Förderungspalette reicht von der Entwicklung neuer Hightech-Schiffe über die Verlagerung des Verkehrs auf die Wasserstraßen bis zur Unterwasserförderung von Rohstoffen. Dazu kommen Exportkreditgarantien – sogenannte Hermesbürgschaften, subventionierte Finanzierungen bei Auslandsgeschäften, Nachlässe auf Versicherungssteuern und Rabatte bei Lohnnebenkosten.
Im Zentrum des »Maritimen Komplexes« steht alle zwei Jahre die Nationale Maritime Konferenz. Das erste, von Bundeskanzler Gerhard Schröder veranlasste Gipfeltreffen fand im Jahr 2000 im ostfriesischen Emden statt. Das jüngste in Hamburg soll vor allem die Digitalisierung der ohnehin gut vernetzten Branche voranbringen. Weitere Themen waren am Montag und Dienstag »grüne« Seehäfen und die Rolle der Politik. Vor allem Landespolitiker erwarten stärkere Gegenleistungen von der Branche, etwa mehr Schiffe unter deutscher Flagge. Schleswig-Hol- steins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte kürzlich auf einem Reedertreffen gefordert, sie müssten wieder dem Ideal des ehrbaren Kaufmanns folgen, wenn sie weiter Hilfe vom Staat wollten. »Dafür erwarte ich im Gegenzug nur eines von Ihnen: Anständigkeit«, so Albig.
Erschienen waren in der Handelskammer – der früheren Börse – auch die neue Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Vorfeld der Konferenz hatte die Bundesregierung ihren fünften Bericht über die Entwicklung der Branche und eine »Maritime Agenda 2025« vorgelegt. Die Digitalisierung wird darin als »zentrales Handlungsfeld« genannt. Von den Wirtschaftsverbänden kam Lob. Mit Einschränkungen. »Die Agenda ist gut«, sagte Reederpräsident Ralf Nagel. Sie müsse aber zu einer Gesamtstrategie weiterentwickelt werden, fordert der frühe SPD-Senator in Bremen.
Die beiden zuständigen Bundesminister, hochrangige Vertreter der Branchenverbände sowie der Gewerkschaften unterzeichneten am Dienstag ein gemeinsames Positionspapier zur Digitalisierung der maritimen Wirtschaft. Die Rede von Bundeskanzlerin Merkel war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet.
Gegenwind gab es von den Gewerkschaften. Am Montag hatten mehrere hundert Beschäftigte auf einer Kundgebung vor dem Rathaus gefordert, »die Interessen der Beschäftigten stärker in den Blick zu nehmen«. Benötigt werde eine bedarfsgerechte und zielgenaue Ausbildung für die neuen Berufsfelder. »Wir brauchen eine Digitalisierung mit Verstand und Anstand«, so Torben Seebold, ver.di-Bundesfachgruppenleiter Maritime Wirtschaft. Die IG Metall fordert in einem Sieben-Punkte-Papier unter anderem schnelle Entscheidungen der Bundesregierung über die angekündigten Marine-Aufträge sowie eine Aufhebung der Deckelung der Ausbauziele für die Windkraftindustrie.