Asien nimmt Abschied von Kohlekraftwerken
Sinkender Bedarf und Ausbau der Erneuerbaren
In Indien und China wird laut einem Bericht deutlich weniger in neue Kohlekraftwerke investiert. Das Pariser Klimaschutzziel rückt in greifbare Nähe. Während US-Präsident Donald Trump der Kohle eine neue Chance geben will, beginnt sich Asien langsam von diesem Energierohstoff zu verabschieden. Jahrelang investierten Indien und China Milliarden in die Kohleverstromung, doch nun deutet sich laut einem Bericht eine Trendwende an. Im Vergleich zum Vorjahr wurde 2016 weltweit rund zwei Drittel weniger Kohlestromkapazität installiert, heißt es in der Studie »Boom and Bust 2017« der Umweltorganisationen Greenpeace, Sierra Club und CoalSwarm. Für den Kampf gegen den Klimawandel sind das gute Nachrichten: Dank der drastischen Verlangsamung beim Ausbau rücke das im Pariser Klimaabkommen beschlossene Zwei-Grad-Ziel nun in greifbare Nähe, schreiben die Autoren. Voraussetzung sei aber, dass diese Entwicklung so weitergehe.
In Indien und China wurden in den vergangenen zehn Jahren 86 Prozent der weltweit neu ans Stromnetz gehenden Kohlemeiler errichtet. Doch jetzt liegen allein in China Projekte im Umfang von über 300 Gigawatt (GW) in unterschiedlichen Entwicklungsstufen bis mindestens 2020 auf Eis. Das entspricht ungefähr 600 Kraftwerksblöcken, viele davon sollen bereits im Bau gewesen sein. Für diesen Trend gibt es mehrere Gründe: Aufgrund der star- ken Smogbelastung hat die Regierung in Peking 2016 zahlreiche Projekte gestoppt und sogar bereits mehrere Meiler stillgelegt. Ohnehin wurden in der Vergangenheit in China mehr Kohlekraftwerke gebaut, als eigentlich zur Deckung des Strombedarfs benötigt wurden.
Auch in Indien hat man sich beim Bedarf verkalkuliert. Dort haben Energieunternehmen zunehmend Schwierigkeiten, eine Finanzierung für neue Projekte zu bekommen. Kohlekraftwerke mit einem Volumen von 13 GW wurden gestoppt. Im Dezember prognostizierte die Regierung, dass bis 2027 keine weiteren Kraftwerksprojekte mehr begonnen werden müssen. Stattdessen werden erneuerbare Energien immer schneller ausgebaut – vor allem dank sinkender Preise für die Anlagen. Das Beratungsunternehmen KPMG geht davon aus, dass Solarstrom in Indien bis zum Jahr 2020 rund zehn Prozent billiger als Strom aus Kohle sein wird. Zahlreiche Kohlekraftwerke könnten deswegen schon bald unrentabel werden.
Weltweit betrachtet sieht es nach einer echten Trendwende aus: So wurden im vergangenen Jahr laut dem Bericht 62 Prozent weniger Baustellen für Kohlekraftwerke eröffnet als noch ein Jahr zuvor, 48 Prozent weniger Kraftwerke wurden neu geplant und 29 Prozent weniger Kohleprojekte gingen ans Netz. Auch Europa und die USA trugen mit dazu bei – durch die Abschaltung alter Meiler. Seit 2010 haben die Energieversorger allein in den USA 250 Kohlekraftwerker abgeschaltet oder werden es in den nächsten Jahren tun.