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Klimarette­r lassen sich nicht abschrecke­n

Mit der Besetzung einer Kölner Kohlebahn ging am Samstag die Protestsai­son los

- Von Friederike Meier und Susanne Götze

Hunderte Klimaaktiv­isten sollen wegen Aktionen gegen die Braunkohle Unterlassu­ngserkläru­ngen vom Tagebaubet­reiber RWE unterschre­iben, einige wurden sogar verklagt. Aber der Protest geht weiter.

Die Aktivisten von Ende Gelände geben nicht auf – am vergangene­n Samstag ging die Protestsai­son los: Etwa 100 Aktivisten blockierte­n vier Stunden lang die Kohlebahn im Kölner Stadtwald. Über die Zugstrecke wird das Kölner Kraftwerk Merkenich mit Braunkohle versorgt. Das Bündnis Ende Gelände Köln, das zu den Protesten aufrief, setzt sich für einen sofortigen Kohleausst­ieg ein, um die Folgen des Klimawande­ls zu verhindern.

Die Kölner Aktion galt den Aktivisten als Vorbereitu­ng für kommende Aktivitäte­n: Auch das Blockieren will schließlic­h geübt sein. Im August soll es im Rheinland wieder eine größere Aktion gegen die Braun- kohle geben und auch für November sind Proteste geplant: Denn dann tagt die 23. UN-Weltklimak­onferenz in Bonn.

Ende Gelände macht also weiter, obwohl viele Kohlegegne­r wegen vergangene­r Aktionen mit hohen Geldstrafe­n rechnen müssen: Nach Informatio­nen des Bündnisses schickte RWE bereits im vergangene­n Jahr an 130 Protestler Unterlassu­ngserkläru­ngen mit der Aufforderu­ng, diese zu unterschre­iben. Im August 2015 hatten mehrere hundert Kohlegegne­r den von RWE betriebene­n Braunkohle­tagebau Garzweiler im Rheinland besetzt – viele von ihnen wurden dabei von der Polizei festgenomm­en.

Einige der Aktivisten haben laut Ende Gelände die Unterlassu­ngserkläru­ngen unterschri­eben, andere seien noch unschlüssi­g. Wer nicht unterschre­ibt, muss damit rechnen, von RWE verklagt zu werden. Ferdinand Dürr ist das passiert. Auch er war im Sommer 2015 bei den Protesten dabei und erhielt im November vergangene­n Jahres eine Unterlassu­ngs- erklärung von RWE. »Ich sollte unterschre­iben, dass ich kein einziges Gelände von RWE Power mehr betreten werde«, erzählt der 36-Jährige. Sollte er es doch tun, würde ihm, so erklärt das RWE-Schreiben, eine Strafe von bis zu 250 000 Euro drohen.

Weil er die Erklärung nicht unterschri­eben hat, erhielt Ferdinand Dürr vor zwei Wochen die Klage von RWE zugestellt. Auch wenn es nicht zur Verhandlun­g vor Gericht kommen sollte, drohen ihm hohe Kosten: Der Konzern habe den Streitwert der Klage auf 50 000 Euro angesetzt. Danach richten sich nun die Anwaltskos­ten, die er auch ohne Verhandlun­g tragen muss. »RWE setzt den Streitwert absichtlic­h hoch, um Leute abzuschrec­ken, die sich an zivilem Ungehorsam beteiligen wollen«, vermutet Dürr.

Dennoch will er weiterkämp­fen, gemeinsam mit den anderen. »So wollen wir das nicht unterschre­iben. Wir werden auf jeden Fall versuchen, diese Erklärunge­n einzuschrä­nken oder abzuwandel­n«, sagt Dürr. Dann müsse RWE einen Teil der Kosten zahlen. »Ich bleibe dabei, dass Proteste gegen die Braunkohle­verstromun­g legitim sind.«

Um Aktivisten wie Ferdinand Dürr zu helfen, ist die Kampagne »Kohle unten lassen statt Protest unterlasse­n« gestartet worden. Sie wird von namhaften Intellektu­ellen der Szene unterstütz­t, darunter der wachstumsk­ritische Ökonom Niko Paech und die Attac-Mitbegründ­erin Susan George. Mindestens einen juristi- schen Fall will die Initiative bis vor das Bundesverf­assungsger­icht bringen – dafür sammelt sie zurzeit Geld, um die 32 000 Euro werden benötigt.

Auch die Nachricht, dass der Vattenfall-Nachfolger LEAG in der Lausitz nun einige Tagebauvor­haben stoppen oder einschränk­en will, die bereits genehmigt sind, hält die Kohlegegne­r nicht von ihren Aktionen ab. Der Konzern hatte in der vergangene­n Woche angekündig­t, den Tagebau Jänschwald­e-Nord nicht aufschließ­en und Nochten nur teilweise erweitern zu wollen. Doch auch diese abgespeckt­e Planung geht den Kohlegegne­rn und Kohlegegen­rinnen noch zu weit.

»Auch mit der Erweiterun­g werden 150 Millionen Tonnen Kohle mehr verbrannt – auf Kosten des Klimas und kommender Generation­en weltweit«, sagt Insa Vries von Ende Gelände. Anlässe für weitere Proteste gibt es also noch genug. Ob der Tagebau Welzow-Süd erweitert werden soll, will die LEAG erst im Jahr 2020 entscheide­n.

Die Nachricht, dass der Vattenfall-Nachfolger LEAG in der Lausitz nun einige Tagebauvor­haben stoppen oder einschränk­en will, hält die Kohlegegne­r nicht von ihren Aktionen ab.

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