Klimaretter lassen sich nicht abschrecken
Mit der Besetzung einer Kölner Kohlebahn ging am Samstag die Protestsaison los
Hunderte Klimaaktivisten sollen wegen Aktionen gegen die Braunkohle Unterlassungserklärungen vom Tagebaubetreiber RWE unterschreiben, einige wurden sogar verklagt. Aber der Protest geht weiter.
Die Aktivisten von Ende Gelände geben nicht auf – am vergangenen Samstag ging die Protestsaison los: Etwa 100 Aktivisten blockierten vier Stunden lang die Kohlebahn im Kölner Stadtwald. Über die Zugstrecke wird das Kölner Kraftwerk Merkenich mit Braunkohle versorgt. Das Bündnis Ende Gelände Köln, das zu den Protesten aufrief, setzt sich für einen sofortigen Kohleausstieg ein, um die Folgen des Klimawandels zu verhindern.
Die Kölner Aktion galt den Aktivisten als Vorbereitung für kommende Aktivitäten: Auch das Blockieren will schließlich geübt sein. Im August soll es im Rheinland wieder eine größere Aktion gegen die Braun- kohle geben und auch für November sind Proteste geplant: Denn dann tagt die 23. UN-Weltklimakonferenz in Bonn.
Ende Gelände macht also weiter, obwohl viele Kohlegegner wegen vergangener Aktionen mit hohen Geldstrafen rechnen müssen: Nach Informationen des Bündnisses schickte RWE bereits im vergangenen Jahr an 130 Protestler Unterlassungserklärungen mit der Aufforderung, diese zu unterschreiben. Im August 2015 hatten mehrere hundert Kohlegegner den von RWE betriebenen Braunkohletagebau Garzweiler im Rheinland besetzt – viele von ihnen wurden dabei von der Polizei festgenommen.
Einige der Aktivisten haben laut Ende Gelände die Unterlassungserklärungen unterschrieben, andere seien noch unschlüssig. Wer nicht unterschreibt, muss damit rechnen, von RWE verklagt zu werden. Ferdinand Dürr ist das passiert. Auch er war im Sommer 2015 bei den Protesten dabei und erhielt im November vergangenen Jahres eine Unterlassungs- erklärung von RWE. »Ich sollte unterschreiben, dass ich kein einziges Gelände von RWE Power mehr betreten werde«, erzählt der 36-Jährige. Sollte er es doch tun, würde ihm, so erklärt das RWE-Schreiben, eine Strafe von bis zu 250 000 Euro drohen.
Weil er die Erklärung nicht unterschrieben hat, erhielt Ferdinand Dürr vor zwei Wochen die Klage von RWE zugestellt. Auch wenn es nicht zur Verhandlung vor Gericht kommen sollte, drohen ihm hohe Kosten: Der Konzern habe den Streitwert der Klage auf 50 000 Euro angesetzt. Danach richten sich nun die Anwaltskosten, die er auch ohne Verhandlung tragen muss. »RWE setzt den Streitwert absichtlich hoch, um Leute abzuschrecken, die sich an zivilem Ungehorsam beteiligen wollen«, vermutet Dürr.
Dennoch will er weiterkämpfen, gemeinsam mit den anderen. »So wollen wir das nicht unterschreiben. Wir werden auf jeden Fall versuchen, diese Erklärungen einzuschränken oder abzuwandeln«, sagt Dürr. Dann müsse RWE einen Teil der Kosten zahlen. »Ich bleibe dabei, dass Proteste gegen die Braunkohleverstromung legitim sind.«
Um Aktivisten wie Ferdinand Dürr zu helfen, ist die Kampagne »Kohle unten lassen statt Protest unterlassen« gestartet worden. Sie wird von namhaften Intellektuellen der Szene unterstützt, darunter der wachstumskritische Ökonom Niko Paech und die Attac-Mitbegründerin Susan George. Mindestens einen juristi- schen Fall will die Initiative bis vor das Bundesverfassungsgericht bringen – dafür sammelt sie zurzeit Geld, um die 32 000 Euro werden benötigt.
Auch die Nachricht, dass der Vattenfall-Nachfolger LEAG in der Lausitz nun einige Tagebauvorhaben stoppen oder einschränken will, die bereits genehmigt sind, hält die Kohlegegner nicht von ihren Aktionen ab. Der Konzern hatte in der vergangenen Woche angekündigt, den Tagebau Jänschwalde-Nord nicht aufschließen und Nochten nur teilweise erweitern zu wollen. Doch auch diese abgespeckte Planung geht den Kohlegegnern und Kohlegegenrinnen noch zu weit.
»Auch mit der Erweiterung werden 150 Millionen Tonnen Kohle mehr verbrannt – auf Kosten des Klimas und kommender Generationen weltweit«, sagt Insa Vries von Ende Gelände. Anlässe für weitere Proteste gibt es also noch genug. Ob der Tagebau Welzow-Süd erweitert werden soll, will die LEAG erst im Jahr 2020 entscheiden.
Die Nachricht, dass der Vattenfall-Nachfolger LEAG in der Lausitz nun einige Tagebauvorhaben stoppen oder einschränken will, hält die Kohlegegner nicht von ihren Aktionen ab.