Terror in St. Petersburg verdrängt das Hooliganproblem
Nach der EM in Frankreich hatten sich Russlands WM-Organisatoren mit Gewaltfans beschäftigt, nun ändert sich die Sicherheitsdebatte erneut
Der Anschlag in einer U-Bahn in St. Petersburg erhöht die Sorgen vor der Fußball-WM 2018 und dem Confed Cup in diesem Sommer. Die FIFA spricht den russischen Behörden aber ihr Vertrauen aus.
Der Bombenanschlag in St. Petersburg hat gut zwei Monate vor Beginn des Confederations Cup neue Angst vor einer Terrorattacke auf ein großes Fußballturnier ausgelöst. Die FIFA sieht jedoch trotz der Explosion in der U-Bahn der Millionenmetropole derzeit keine Veranlassung für weitere Sicherheitsmaßnahmen: weder für den WM-Testlauf vom 17. Juni bis 2. Juli noch für die WM im Sommer 2018. »Die FIFA und das lokale Organisationskomitee haben das volle Vertrauen in die Arrangements und das für diese kommenden Veranstaltungen geplante umfassende Sicherheitskonzept«, sagte ein FIFA-Sprecher am Dienstag.
St. Petersburg ist der wichtigste Spielort des Confed Cups: Hier werden im neuen Krestowskistadion unweit der Newa-Mündung sowohl die Eröffnungspartie als auch das Finale ausgetragen. Die deutsche Nationalmannschaft wird ihre Gruppenspiele gegen Australien und Kamerun in Sotschi und gegen Chile in Kasan bestreiten. In St. Petersburg würde sie frühestens im Endspiel antreten. Bei der WM im Sommer 2018 ist St. Petersburg zweitwichtigster Spielort nach Moskau mit insgesamt sieben Partien – darunter einem Halbfinale und dem Spiel um Platz drei.
»Für den Konföderationenpokal und die Weltmeisterschaft haben die örtlichen Behörden ab dem Zeitpunkt der Wahl des Gastlandes eine detaillierte Sicherheitsplanung begonnen«, hieß es von der FIFA. Eine mögliche terroristische Bedrohung gehörte zuletzt aber nicht zu den akut diskutierten Szenarien. Vielmehr fokussierte sich die Debatte nach den Ausschreitungen russischer Fans bei der EM 2016 auf mögliche Gewalt von Hooligans. Nach dem WM-Qualifika- tionsspiel in Aserbaidshan hatte DFBPräsident Reinhard Grindel Ende März gesagt: »Wir werden natürlich auch mit dem Organisationskomitee sprechen, welche Erwartungen wir haben, was den Umgang mit unseren Fans angeht.«
Die französischen Behörden waren nach dem EM-Turnier dafür kri- tisiert worden, das Thema Fangewalt unterschätzt zu haben, da sich nach den Pariser Anschlägen vom 13. November 2015 alle Kräfte auf die Terrorabwehr konzentriert hatten. Die Sorge vor Anschlägen überlagerte gerade den Beginn des EM-Turniers im vergangenen Sommer.
Am Vortag des UEFA-Kongresses in Helsinki war der Anschlag auch Thema unter Europas Spitzenfunktionären. »Das ist überall Realität in Europa. Es passiert in Brüssel, in Paris. Man kann alles Mögliche tun, um es zu verhindern, aber es gibt keine Garantie«, sagte das slowakische Exekutivkomiteemitglied Frantisek Laurinec.
Nun werden die russischen Sicherheitskräfte mit einer neuen Lage konfrontiert. Die U-Bahnen in den Metropolen Moskau und St. Petersburg sind als wichtiges Transportmittel für Fußballfans aus aller Welt bei beiden Turnieren eingeplant. Die Reiselust ausländischer Fans gen Russland dürfte durch die Anschläge sicher weiter gehemmt werden. Ohnehin gab es bislang keine besonders große Nachfrage bei den Tickets für den Confed Cup. An diesem Mittwoch läuft die zweite Verkaufsphase ab. In der ersten waren für die 15 Turnierspiele weltweit nur 82 478 Karten bei der FIFA angefragt worden – 71 266 davon von heimischen Fans. Das größte internationale Kartenkontingent wurde demnach nicht aus Deutschland geordert, sondern aus Chile.