Russlands Raketen blieben am Boden
US-Flügelraketen trafen in der Nacht zu Freitag mehr als nur einen syrischen Stützpunkt. Schwer getroffen wurden auch Bemühungen um eine politische Lösung des Konfliktes und die ohnehin äußerst belasteten Beziehungen zu Russland. Doch es hätte auch noch s
Russland reagiert scharf auf das Vorgehen der USA in Syrien, es sieht darin eine Unterstützung des islamistischen Terrors.
Der russischen Führung war der USAngriff auf die Basis seines syrischen Verbündeten eine Sitzung der ständigen Mitglieder seines Sicherheitsrates unter Leitung des Präsidenten Wladimir Putin wert, wie gegen Mittag in Moskau bekannt wurde. Bestätigt wurde eine erste Reaktion des Kreml, der am Freitag gleich drei schwere Beschuldigungen erhoben hatte. So bezeichnete namens des Präsidenten der Kremlsprecher die Attacken als Aggression gegen einen sou- veränen Staat, gegen das Völkerrecht und dies unter einem »erdachten Vorwand« – diplomatisch für Lüge.
Zitiert wurde in einem Tweet des Journalisten Dmitri Smirnow von der »Komsomolskaja Prawda« Kremlsprecher Dmitri Peskow aber auch mit einer Antwort, die er nur 48 Stunden zuvor einem BBC-Kollegen auf die Frage gegeben habe, was Russland bei einem US-Angriff auf Syrien unternehmen werde. Die lautete, dass dies eine »apokalyptische Diskussion« sei.
Ebenso wie die Agentur RIA/Novosti auf eine zeitliche Übereinstimmung zwischen dem US-Angriff und Attacken der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf syrische Posten an der Verbindungsstraße HomsPalmyra hinwies, sah auch der Sicherheitsrat offenbar einen Zusammenhang. Neben dem »Schaden für die russisch-amerikanischen Beziehungen« äußerte er »tiefe Sorge über unausweichliche negative Folgen für die allgemeinen Anstrengungen beim Kampf gegen den Terrorismus«. Die »Nesawissimaja Gaseta« schreibt, die USA hätten den Schlag gegen Syrien mit Russland absprechen wollen, doch die Zustimmung des IS erhalten. Die »Iswestija« titelt »Donald Trump schickte ›Tomahawks‹ zur Freude der Terroristen«.
In einer ersten praktischen Reaktion setzte Russland eine Vereinbarung mit dem US-Militär aus, nach der sich beide Länder über Militärflüge und Angriffe über Syrien informierten. »Das Memorandum hat mit dem Angriff heute Nacht seinen Sinn verloren«, sagte der Kremlsprecher. Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, vorerst keine Informationen mehr über seine eigenen Kampfjeteinsätze weiterzugeben. Mit den Absprachen sollten Kollisionen zwischen russischen und amerikanischen Kampfflugzeugen im syrischen Luftraum verhindert werden.
Auch etwas spöttisch quittierten russische Medien den Angriff. »Die USA schießen schlecht«, titelte das Internetportal gaseta.ru. Hintergrund waren Angaben von General Igor Konaschenkow, offizieller Vertreter des russischen Verteidigungsministeriums. Er hatte informiert, dass nur 23 von 59 abgeschossenen US-Raketen »Tomahawk« ins Ziel kamen: »Die Effektivität des massierten Raketenschlages ist äußerst gering.« Wo die restlichen 36 Flügelraketen angekommen seien, wisse man nicht. Verteidigungsminister Sergej Schoigu versicherte, die russischen Basen in Syrien seien zuverlässig geschützt.
In Webkommentaren wurde allerdings gefragt, warum Russland nicht seine Abwehraketen zur Verteidigung eingesetzt habe. Der Militärwissenschaftler Sergej Sudakow lobte hingegen die »Kaltblütigkeit des Oberkommandos«. Da die Komplexe zur Luftverteidigung Russland und nicht Syrien gehörten, hätte ein Gegenangriff zu einem Konflikt zweier Atommächte auf einem dritten Territorium führen können.
All das ist mehr als genug Stoff für den für kommende Woche bereits länger geplanten Besuch des US-Außenministers Rex Tillerson in Moskau. Im Auswärtigen Amt am Smolensker Platz scheint man noch nicht alle Hoffnung fahren lassen zu wollen. Die um scharfe Worte nie verlegene Außenamtssprecherin Maria Sacharow bezeichnete gemeinsame Anstrengungen gegen den internationalen Terrorismus weiterhin als alternativlos. Früher oder später werde sich diese Erkenntnis durchsetzen: »Es ist zu wünschen, eher früher als später.«
»Präsident Putin hält die amerikanischen Angriffe für eine Aggression gegen einen souveränen Staat, gegen das Völkerrecht, dazu noch mit einem erdachten Vorwand.« Dmitri Peskow Kremlsprecher