Hürdenlauf gegen Hürden
Bündnis bringt zwei Volksinitiativen zur Erleichterung der direkten Demokratie auf den Weg
Am Freitag starteten in Potsdam zwei landesweite Volksinitiativen mit dem Ziel, das Abstimmungsgesetz zu ändern, um Elemente der direkten Demokratie zu stärken und bestehende Normen zu senken.
Beim Auftaktveranstaltung des Bündnisses »Wir entscheiden mit« in der Potsdamer Innenstadt gab es Unterstützung von der LINKEN, den Grünen und der Landtagsgruppe BVB/Freie Wähler. »Unser Ziel ist es, die hohen formalen Hürden für Volksund Bürgerbegehren in Brandenburg deutlich zu senken«, erklärte Vereinssprecher Oliver Wiedmann zum Start der Kampagne in Potsdam. Ihr schließt sich an diesem Sonnabend ein erster landesweiter Aktionstag an.
In Potsdam präsentierte die Initiative »Für faire Volksbegehren und Volksentscheide in Brandenburg« ihre Forderung, bei Volksbegehren die Straßensammlung von Unterstützerstimmen zu gestatten. Das Gesetz sieht derzeit vor, dass auf der Stufe der Volksinitiative 20 000 Stimmen frei gesammelt werden können. Will eine Interessengruppe auch das Volksbegehren erfolgreich bestehen, müssen die dafür erforderlichen 80 000 Unterschriften aber in einer Amtsverwaltung geleistet werden.
Andreas Schramm (Piraten) sieht darin eine »deutliche Einschränkung« und eine »Behinderung der Mitsprache«. Den Vorwurf, die Erleichterung der direkten Demokratie laufe auf eine Unregierbarkeit des Landes und der Kommunen haus, ließ er nicht gelten: Vielmehr schaffe eine erleichterte Gesetzgebung zur Basisdemokratie eine »gute Ergänzung« zu den parlamentarischen Prozessen. Jens-Martin Rohde (BUND), Vorsitzender der Volksinitiative »Massentierhaltung«,trat für die Kopplung von Volksabstimmungen mit Wahlterminen ein. Diese erhöhe die Chance für einen Erfolg der Abstimmung. Denn der Gesetzgeber fordere, dass dafür 25 Prozent der Wahlberechtigten das Anliegen aktiv unterstützen müssen.
Der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (LINKE) macht sich stark für die zweite der Initiativen, die sich für mehr Mitbestimmung auf kommunaler Ebene engagiert. Sie setzt sich unter dem Motto »Für faire Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in den Kommunen« beispielsweise dafür ein, dass künftig auch Bebau- ungs- und Flächennutzungspläne als Gegenstand zugelassen werden.
»Dabei sind gerade Bebauungspläne zentrale Konfliktfelder in den Gemeinden«, erläuterte Wiedmann die Forderung nach einer Erweiterung der möglichen Themenfelder für Initiativen in Städten und Gemeinden.
Aus Sicht der Volksinitiative soll auch die Sammelfrist ausgeweitet werden, das Unterschriftenquorum auf fünf Prozent der Einwohnerzahl und das Zustimmungsquorum auf 15 Prozent abgesenkt werden.
Mit einem Seitenhieb in Richtung Stadtverwaltung sagte Müller: »Die städtischen Volksinitiativen gegen den Bau der Garnisonkirche und zum Thema ›Potsdamer Mitte neu denken‹ zeigen, dass faire Bedingungen notwendig sind.« Es reiche nicht, alle paar Jahre zur Wahl zu gehen, vielmehr müsse die Kommunikation zwischen Regierenden und Regierten auch in der Zeit zwischen den Wahlen belebt werden.
Grünen-Landeschef Clemens Rostock erinnerte daran, dass das Land Brandenburg im Bundesmaßstab mittlerweile zu den Schlusslichtern bei den Regeln für eine direkte Demokratie gehöre.
Sechs Monate lang können die Initiatoren beider Volksinitiativen nun auf Stimmenfang gehen. Sie müssen mehr als 20 000 gültige Stimmen zusammenbekommen, um den Landtag zu einer Befassung mit ihrem Anliegen veranlassen zu können. Das Anliegen des Bündnisse »Wir entscheiden mit!« wird von zahlreichen Bürgerinitiativen sowie von den Grünen und den Freien Wählern unterstützt. Auch die AfD bekundete ihre Unterstützung.
Im Land Brandenburg hat es bislang 31 Volksinitiativen und zwölf Volksbegehren gegeben. Im Moment läuft die 32. Volksinitiative, sie richtet sich gegen die von Rot-Rot geplante Kreisgebietsreform und wird von der CDU vorangetrieben.