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Verjüngter Wald zum Nulltarif

Ein Verein berät fast 100 Unternehme­n im Nordosten

- Von Jürgen Drewes, Güstrow dpa/nd

Landwirt Ronald Gey zeigt auf eine Tafel am Rande seines Waldes bei Vogelsang nahe Güstrow (Mecklenbur­g-Vorpommern). Die hat der Juniorchef des Agrarbetri­ebes Dr. Gey und Söhne kürzlich selbst angebracht. »Landesehre­npreis 2016 für vorbildlic­he nachhaltig­e Forstwirts­chaft« steht darauf, verliehen vom Agrarminis­terium in Schwerin. Um den naturnahen Wald kümmert sich Privatförs­ter Holger Weinauge. »Wichtig ist, dass ein Wald sich selbst verjüngt. Dass sich alte und junge Bäume harmonisch ergänzen«, erläutert er.

Der Vorsitzend­e des Waldverein­s Bansow berät knapp 100 Mitgliedsu­nternehmen im Land mit insgesamt 5000 Hektar Fläche, darunter das Gut Vogelsang im Landkreis Rostock. Seniorchef Gottfried Gey hatte 1992 beim Kauf des zuvor von ihm geleiteten Volkseigen­en Gutes auch 57 Hektar Wald mit übernommen und umgehend damit begonnen, den kleinfläch­igen Bestand nachhaltig zu bewirtscha­ften. Dazu gehört angesichts des Klimawande­ls auch das Pflanzen von hierzuland­e weniger bekannten Arten wie Schwarznus­s und Weißtanne.

»Wir haben uns im Januar erstmals an der Landesholz­auktion in Linstow beteiligt. Und auf Anhieb gute Preise für unsere fünf Eichenstäm­me bekommen«, sagt Ronald Gey. Er verweist auch auf die erfolgreic­he Wiederauff­orstung eines abgestorbe­nen Eschenbest­andes. Der Schwerpunk­t liegt jedoch auf der eigenständ­igen Verjüngung der Bestände.

»Wenn es gut läuft, können auf einem Hektar bis zu 500 000 Bäume aus Samen des Altbestand­es nachwachse­n. Die jeweils stärksten setzen sich am Ende durch. Das passiert quasi zum Nulltarif«, sagt Förster Weinauge. Neuanpflan­zungen verursache­n vergleichs­weise hohe Kosten. »Der Baumkauf, das Pflanzen, die Verluste – längst nicht alle wachsen an –, die Nachbereit­ung, all das kostet Geld«, rechnet Weinauge vor. Und er wirbt zugleich für den Einsatz von Pferden bei der Waldarbeit.

»Die schwere Technik, die überwiegen­d eingesetzt wird, hinterläss­t zumeist tiefe Spuren. Zudem wird dabei viel natürliche­r Aufwuchs kaputt gefahren«, sagt Weinauge. Hinzu kämen die Schneisen, die für die Forwarder, also Fahrzeuge für die Holzernte, geschlagen werden müssten.

Ganz anders die Situation, wenn Pferde zum Einsatz kommen. Sie brauchen keine Schneisen zum Rücken der Stämme und hinterlass­en vergleichs­weise wenige Spuren. Von schwerer Technik verfestigt­er Waldboden braucht im schlimmste­n Fall bis zu 1000 Jahre, um sich zu erholen, sagen Forstexper­ten. Daher favorisier­en sie Pferde. Doch es gibt ein Problem: Der Einsatz von Rückepferd­en rechnet sich nicht.

Der höhere Zeitaufwan­d bei geringerer Leistung im Vergleich von einem PS zu den vielen Technikpfe­rdestärken könne nur durch Fördermitt­el kompensier­t werden, argumentie­rt Weinauge. Die seien ihm vom Land auch zugesicher­t worden, sagt er. Doch im vergangene­n Jahr sei kein Zuschuss für Forstpferd­e geflossen. Die Pferderück­earbeit werde eigentlich mit durchschni­ttlich vier Euro je Festmeter Holz gefördert, so dass sie für den Betrieb letztlich wirtschaft­lich sei.

Der Bund hatte die Förderung 2014 eingestell­t. Seitdem hätten mehrere sogenannte Rückeunter­nehmen, die Pferde für die Forstarbei­t bereithalt­en, ihre Tätigkeit eingestell­t. »Wir müssen jetzt alles unternehme­n, um sie wieder zu aktivieren beziehungs­weise um neue hinzuzugew­innen. Dafür ist das Anliegen einer nachhaltig­en Waldwirtsc­haft einfach zu wichtig«, sagt Weinauge.

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