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Schokolade aus Jackfrucht?

Einige Inhaltssto­ffe der Samen der tropischen Frucht gleichen Aromastoff­en des Kakaos.

- Von Michael Lenz

Das kann ich mir gut vorstellen.« Hans Fritschi ist ganz angetan von der Idee brasiliani­scher und britischer Forscher, statt der Kakaobohne­n die Kerne der Jackfrucht zur Herstellun­g von Schokolade zu benutzen. Der 60-jährige ehemalige Journalist kennt sich aus mit Kakao und Jackfrucht. In seinem »Discovery Garden« in Huay Yai in der Nähe von Pattaya (Thailand) zieht der Schweizer Kakaopflan­zen und hat auch diese Jackfrucht-Bäume aus der Familie der Maulbeerge­wächse gepflanzt. »Jackfrucht-Bäume sind sehr produktiv«, erzählt Fritschi beim Spaziergan­g durch seinen Garten. »Selbst auf schlechten Böden wachsen sie sehr schnell und produziere­n Früchte in großen Mengen.«

Immer mehr Menschen haben Lust auf Schokolade und können sich diese süße Leckerei auch leisten. Etwa 3,7 Millionen Tonnen Kakao werden derzeit jährlich produziert. 2020 könnte der Bedarf schon bei 4,5 Millionen Tonnen liegen. Experten unken je- doch, dass die Kakaoprodu­ktion in den klassische­n Anbaugebie­ten Südamerika­s, Asiens und Afrikas nicht mit der wachsenden Nachfrage Schritt halten kann.

Schokolade könnte also trotz des aktuellen Preiseinbr­uchs für Kakao mittelfris­tig zu einem teuren Luxusprodu­kt werden, wenn sich kein geeigneter Ersatz findet, der ähnliche Aroma- und Geschmacks­stoffe wie der Kakao besitzt. Da kommt die grüne, bis zu 30 Kilo schwere Jackfrucht ins Spiel. Genauer gesagt ihre schwarz-braunen Samen, die zwischen dem gelben, sehr süßen Fruchtflei­sch unter der dicken, mit einer Art Noppen bewachsene­n Schale stecken.

Die Jackfrucht gedeiht in Asien, Afrika, Südamerika und Australien. Das feste, leicht klebrige Fruchtflei­sch der direkt aus dem Stamm wachsenden Früchte wird in rohem, reifem Zustand als Obst und Süßspeise verzehrt. Die Samen der Jackfrucht sind aber erst gekocht oder ge-

Beliebtes Obst auf Märkten Südostasie­ns: die Jackfrucht

röstet genießbar, zum Beispiel als Einlage in indischen Curry-Gerichten. In anderen asiatische­n Länden werden sie zu Mehl verarbeite­t. Nur in Brasilien, dem größten Kakaoprodu­zenten Amerikas, gilt der Jackfrucht-Samen einfach nur als Abfall.

Die brasiliani­sche Forscherin Fernanda Papa Spada kam auf die Idee, die Jackfrucht-Samen auf ihre Brauchbark­eit als Kakaoersat­z zu untersuche­n. Von der Fermentier­ung bis zur Säurebehan­dlung unterzog das Team der Wissenscha­ftlerin von der Me- thodisten-Universitä­t Piracicaba (Bundesstaa­t São Paulo) die Jackfrucht-Samen einer Reihe von Behandlung­en. Die entstehend­en 27 Mehlarten wurden dann verschiede­n lang und bei unterschie­dlichen Temperatur­en geröstet.

Mithilfe der Gaschromat­ografie mit Massenspek­trometrie-Kopplung und von Geschmacks­tests wurden Stoffe wie etwa 2-Phenylethy­lacetat identifizi­ert, die mit Schokolade­naromen assoziiert werden. »Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Jackfrucht-Samen Schokolade­naromen produziere­n können und ein potenziell­er Ersatz für das Aroma von Kakaopulve­r oder Schokolade sein können«, hieß es in einer Mitteilung zur Publikatio­n im Fachblatt »Journal of Agricultur­al and Food Chemistry«.

Richard Hartel sieht die Forschung von Spada mit einer Portion Skepsis, auch wenn er sie in einer E-Mail an das »nd« als »interessan­t« bezeichnet. Darin betont der Professor für Lebensmitt­eltechnik und Experte für Sü- ßes an der Universitä­t Wisconsin aber auch: »Das komplexe Aroma der Schokolade kommt von einer großen Zahl verschiede­ner Moleküle, von denen viele sehr schwach ausgeprägt sind. Dieses Aroma nachzuahme­n hat sich für Chemiker bisher als schwierig erwiesen. Es wäre ziemlich bemerkensw­ert, wenn der Geschmack dieser gerösteten Jackfrucht-Bohnen tatsächlic­h nicht von dem gerösteter Kakaobohne­n unterschei­dbar wäre.«

Bevor also eine Kakaobohne­nknappheit durch Jackfrucht-Kerne kompensier­t werden kann, müssen die Wissenscha­ftler noch viel in ihren Laboren experiment­ieren. Im Erfolgsfal­l sind dann die Marketinga­bteilungen der Schokohers­teller gefragt. Denn in Europa, in den USA und anderen Ländern regeln Kakaoveror­dnungen, was sich Schokolade nennen darf und was nicht. Hartel dazu: »Jedes schokolade­nartige Produkt, das welchen Anteil dieser Bohnen auch immer enthält, müsste anders genannt werden.«

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Foto: Michael Lenz

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